Ich mag Neologismen – Wort-Neuschöpfungen. Salutogenese – das Gegenteil von Pathogenese, also der Entstehung von Krankheiten – umfasst beispielsweise alles, was Gesundheit aufbaut und fördert. Mir gefällt die Kreativität, aber auch der Mut, dem allgemeinen Wortschatz Sprachschöpfungen beizufügen, um Lücken zu füllen. So habe ich einmal in einem Artikel geschrieben, das Gefühl, aus dem heraus sich das Rumpelstilzchen im Märchen zerreißt, habe keinen Namen – es sei nämlich nicht (nur) Wut, sondern eine Mischung aus Enttäuschung, Verletztheit, weil es ausgetrickst wurde und VerZWEIflung – deswegen reiße es sich ja entzwei – und ich schrieb: Hätte es einen Namen, würden den viele Frauen für sich reklamieren, nämlich alle, die ihren Ehemann während Studium oder Karriere unterstützt hätten und von ihm nach Erreichen seiner Ziele verlassen wurden (Zitat aus vielen Beratungsgesprächen: „Sie passt halt jetzt nicht mehr zu mir!“)

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Aktuell ist das Wort „Streit“ wohl das meistverwendete in der Medienberichterstattung der letzten Woche. Ich frage daher: Welches geistige Bild entsteht, wenn wir an Streitende denken? Wie sehen deren Gesichter aus? Wie deren Körperhaltungen? Wie hören sich deren Stimmen an? Und welche Energie strahlen sie aus?

Und weiter: Von welchen Vorbildern stammen diese Gedächtnisspuren? Vom kindlichen Geschwisterstreit um Spielzeug? (Später dann um Erbschaften und „Zuwendungen auf den Todesfall“.)

Von elterlichen Kämpfen um Erziehungsstile, Geld oder die jeweilige Schwiegerfamilie? Nachbarschaft? Film und Fernsehen?

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Und wieder häufen sich Medienberichte über die Entdeckung gefilmter sexueller Misshandlungen von Kindern auf den Rechnern ehrenwerter Bürger – darunter Lehrer und Priester, Personen, die berufsbedingt mit dem Vertrauen von Kindern rechnen können. Aber dürfen sie – und alle, die gerne mit Kindern arbeiten – auch noch mit dem Vertrauen der Eltern, der Vorgesetzten, der Nachbarn und anderen Nächsten rechnen?

In meinem Buch „Die Wahrheit wird euch frei machen – Sexuelle Gewalt im kirchlichen Bereich … und anderswo. Prävention Behandlung Heilung“ habe ich zwischen pädophilen, pädosexuellen und pädokriminellen Tätern unterschieden. Die ersten davon richten ihre Liebesgefühle, oder was sie dafür halten, zwar auf Kinder, halten eher scheuen Abstand oder sublimieren in Kunst oder eben auch Beruf (wozu in beiden Fällen auch Fotografie etc. zählt), die zweite Gruppe sucht sexuellen Kontakt, meist mit steigender Toleranz (d. h. es muss immer „mehr“ oder „intensiver“ sein), und der dritten Gruppe geht es nur um Geld (mögliche Erpressung inbegriffen). Und genau diese dritte Gruppe wird immer gefährlicher, weil sie quasi Marketing betreibt, indem sie aktiv neue „Kunden“ anwirbt, nämlich zuerst neu-gierig macht und ab Erstkontakt dann mit ihren „Produkten“ bombardiert. Den Stil kennen wohl alle, die schon einmal etwas von den legalen Angeboten aus dem Internethandel bezogen haben.

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Ein neues Wort wird modern: woke im Sinn von Achtsamkeit, vor allem auf Geschehnisse, die kritisiert bzw. abgestellt gehören (Woke – Wikipedia). Als „neuen Moralismus“ wird Wokeness in einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung vom 19-01-2020 bezeichnet (Wokeness – die gesteigerte Form der Political Correctness | NZZ), in Kurzfassung: „Sei wach, richte über andere, und fühle dich gut dabei“.

Aus dem Blickwinkel der psychotherapeutischen Schule der Transaktionsanalyse würde man wohl „Überheblichkeit“ aus dem Seelenzustand des „nörgelnden Eltern-Ichs“ diagnostizieren – geht es doch primär darum, den „Anderen“ mitzuteilen, dass sie „nicht OK“ sind, weil sie nicht so sind wie die „Wir“. Und von Eltern und ähnlichen Autoritäten stammen ja die ersten Erfahrungen der Abmahnung wegen mangelnder Aufmerksamkeit – und die prägen. Auch ich wurde von meinem Lehrer-Vater immer wieder abgemahnt, ihn anzublicken, wenn er mit mir redete – aber in Situationen, in denen ich empört aufblickte, den Befehl „Senke den Blick!“ erhalten. Erst in meiner NLP-Ausbildung habe ich dann registriert, dass „auditive“ (bevorzugt durch Hören wahrnehmende Menschen) oder „kinästhetische“ (die vor allem „spürenden“ Leute) im Gegensatz zu den „visuellen“ (den auf Sehen ausgerichteten Menschen) durch Blickkontakt in ihrer intensiven Wahrnehmung beeinträchtigt werden. Und in der Praxis habe ich beobachtet, welche Konflikte sogar unter Liebenden entstehen, wenn gegensätzlich orientierte Menschen randalieren „Warum bist du nicht so wie ich?“

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Nein, hier soll nicht von den täglichen Gefahren der Blaulichtberufe (Feuerwehr, Polizei, Rettung) die Rede sein, deren Gesundheit und Leben im Einsatz für die Allgemeinheit massivsten Schaden erleiden kann – und auch nicht von ihrem Gegenpart, den Rotlicht-Berufen, in denen es oft auch recht gefährlich werden kann.

Es geht um die dritte Gruppe von „Helfer“-Berufen, die von dem positiven Vorurteil umrahmt sind, sie würden immer nur das Beste für ihre Patient:innen, Schüler:innen oder auch Gemeindemitglieder beabsichtigen.

Augenblicklich steht ein 56jähriger Urologe wegen schwerer Körperverletzung mit Dauerfolgen, grob fahrlässiger Körperverletzung und schweren Betrugs vor Gericht: „Retter in der Not soll Patienten verpfuscht haben“ titelt die Tageszeitung Kurier (04.11.2021, S. 20) – nämlich Männer mit Erektionsproblemen mit falschen Diagnosen (so das Gericht), einer in Österreich nicht anerkannten Operationsmethode und unrichtigen Versprechungen („minimal invasiver Eingriff ohne Risiko“) zur Operation motiviert zu haben. Dass diese nicht erfolgreich war – und zwei der betroffenen Patienten sogar Suizid verübten – führte der Arzt darauf zurück, dass sie „voreilig“ waren, also die verordnete „vollständige Ruhe“ (ich ergänze: nämlich die sexuelle) nicht eingehalten hätten.

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Die Tage rund um den 1. November bedeuten für viele Menschen jedes Jahr seelische Belastung: Nicht jedes Totengedenken ist friedvoll und voll der Liebe, sondern eher schmerzlich, oft durch unerwünschte Gefühle wie auch unsensible Fragen belastet – und der mediale Halloween-Wirbel kurz davor kann nur mit „transformierendem“ Humor bewältigt werden, so sehr kann er nerven.

Um Transformation geht es ja auch, wenn man mit seinen Gefühlsreaktionen rund um das Sterben fertig werden muss, wenn sie plötzlich jenseits der Routine von Blumen- und Kerzenkäufen und Gräberbesuchen Gedenk-Raum beanspruchen. Das beginnt mit den Pandemie-Todesfällen, mit der juristischen Regelung des sogenannten assistierten Suizids – wobei die sozialen Ursachen von Verzweiflung und Verlust von Lebensmut und was dagegen zu machen wäre, ignoriert werden! – und gipfelt im demonstrativen Regierungsgedenken an den fatalen Abend des 2. November des Vorjahres mit den ersten Terroropfern in Österreich. Ich habe die Berichterstattungen in den Abendnachrichten des ORF gesehen – und mich gefragt: Was macht das mit den Angehörigen der Toten?

Wollen die wirklich, dass diese schrecklichen Geschehnisse von Politikern öffentlich „in Szene gesetzt“ werden? Hilft das bei der Verarbeitung von Schmerz, Wut und Trauer?

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Sich nicht klar auszudrücken, ist eine der häufigsten Ursachen für Konflikte. Meist will sich jemand nicht festlegen, hat vielleicht alte Kindheitsängste vor Negativreaktionen der jeweiligen Vorgesetzten – Eltern mitgemeint – oder er oder sie hatte nur solche Vorbilder mangelnder Selbstbewusstheit. Oder aber er oder sie ist zu Recht besorgt, keine passenden Formulierungen zu finden – vor allem wenn Zorn oder Wut „zu Kopf steigt“.

„Sich seines Selbst bewusst“ zu sein bedeutet, „zu sich zu stehen“, vorausgesetzt allerdings, dass man auch eine eigene Position besitzt. Solch eine zu entwickeln, braucht Zeit – und einer der Gründe, weswegen Menschen mit Zeitdruckmache gehetzt werden, liegt im Verhindern, dass sie nachdenken oder nachfühlen. „In sich hineinzufühlen“ zeitigt oft gegenteilige Erkenntnisse, als das übliche angepasste Funktionieren, zu dem oft schon von klein auf hin dressiert wird. Deswegen finde ich beispielsweise „Schulspiel“ so wichtig – denn da können „SuS“ (d. h. Schülerinnen und Schüler) die eigene Kongruenz (das heißt die innere Wahrheit mit der nach außen „verkörperten“) in der jeweiligen „Rolle“ trainieren – und damit auch umgekehrt die eigene „Echtheit“ (Authentizität) im Alltag.

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In dem Buch „Deglobalisierung“ des Schweizer Allgemeinmediziners und – Eigendefinition „1968ers“ – Luzerner Ex-Mandatars Peter Mattmann-Allamand (Promedia Verlag 2021) habe ich vieles wiedergefunden, was ich seit gut drei Jahrzehnten immer wieder in Erinnerung rufe: Dass wir in allen Bereichen zur Ganzheitlichkeit zurückkommen müssen, wenn wir nicht „durch Einseitigkeit abstürzen wollen“. Zur Verdeutlichung verwende ich schon seit damals immer das Gleichnis vom Baum, dessen Wurzeln immer stärker und größer werden müssen, wenn seine Krone wächst – sonst fällt er irgendwann um und zerbricht.

So zeigt Mattmann-Allamand anschaulich die Negativfolgen einer global gesteuerten und primär auf Gewinn und unaufhörliches Wachstum zentrierten Wirtschaft, die beispielsweise ihre Produktionsstätten immer wieder dorthin verlagert, wo die Arbeitskosten am billigsten sind, oder militärische Absicherungen ihrer Investitionen unter dem Friedensetikett propagiert, indem sie durch Errichtung von „Stützpunkten“ ihre „Schutzbereitschaft“ demonstriert. Sichtweisen, die für einen Gesamtüberblick hilfreich sind – welche der gegensätzlichen politischen Bestrebungen man dann unterstützen oder bekämpfen mag, ist eine andere, höchstpersönliche Frage.

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„Dass in Frankreich die Schweigepflicht der katholischen Priester vom Staat infrage gestellt wird, veranlasst den Vatikan zu einer scharfen Reaktion.“, heißt es im Kurier vom 18. Oktober 2021 (S. 3), jedoch in Österreich gelte die Beichte weiterhin als unantastbar, wird nachfolgend beruhigt.

Naja. Da bin ich skeptisch – denn bei der durchaus gleichwertigen Verschwiegenheitspflicht der Psychotherapeut:innen gehen die Fachmeinungen auseinander. (Ich sehe das als ethisches Problem: Prinzipiell Schweigepflicht – nur wenn man ein höherwertiges Gut – Leben oder Gesundheit etwa – retten will, ist die Verantwortung für den allfälligen Bruch zu übernehmen; den Wissensdurst der Juristenschaft oder mediale Neugier zu stillen, ist aus meiner Sicht kein höherwertiges Gut.)

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Da wurde unlängst eine 44jährige Kindergartenleiterin im Burgenland – nicht rechtskräftig – zu einem Jahr bedingte Haft verurteilt (Ein Jahr bedingte Haft – Pädagogin quälte ihre Schützlinge im Kindergarten | krone.at). Wenn ich zurückrechne, so müsste die Frau ihre Ausbildung so um die Jahrtausendwende absolviert haben. Da war das Züchtigungsverbot von Kindern bereits etwa zehn Jahre in Kraft … also ist anzunehmen, dass das kriminelle Fehlverhalten nicht Wissensmangel war, sondern vermutlich Machtrausch – und dazu noch Sadismus.

Machtrausch besteht (im Gegensatz zu Macht) in der Unwilligkeit bzw. Unfähigkeit zu ertragen, dass jemand anders reagiert als erwartet wie z. B. mit Unterwerfung und Gehorsam. Dazu gehört auch Liebedienerei bis hin zur Speichelschleckerei (auf Anführung des A-Worts, mit dem dieses Verhalten am anderen Ende des Verdauungstrakts bezeichnet wird, verzichte ich).

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