profil 35/19 zeichnet sich durch einen Themenschwerpunkt zur political correctness aus, und da findet sich im Beitrag von Sven Gächter (Seite 31) die Frage: „Warum aber polarisiert das Konzept der politischen Korrektheit so ungemein?“, worauf er antwortet: „Kaum etwas ist für den Menschen so vertraut und selbstverständlich wie die Sprache. Wenn er in dieser Selbstverständlichkeit gestört oder gar erschüttert wird, aktiviert er instinktiv seine Widerstandskräfte.“, und er folgert: „Sprache bildet das Zentrum seines geistigen Immunsystems, das jede Herausforderung unvermittelt als potenzielles Infektionsrisiko wahrnimmt und entsprechend resolut bekämpft.“

Dem muss ich leider widersprechen. Es stimmt nicht – wie u. a. die freudige Übernahme sogenannter „neudeutscher“ Worte, rudimentärer Sätze, vor allem aber NLP-designter Sprachschöpfungen beweisen. (Sprachanalysen waren übrigens wesentlicher Teil meiner Arbeit als Professorin für Gesundheitskommunikation an der Donau Universität und sind es weiterhin s. die „Briefe gegen Gewalt“ 34 bis 41 auf www.haltgewalt.at.)

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Am Samstag, 17. August, gab es beim Familienfest der SPÖ Groß Enzersdorf ein „lustiges“ Dosenschießen, entnehme ich dem Kurier vom 19. August: Die Dosen waren nämlich mit den Gesichtern der MinisterInnen der letzten, türkis-blauen, von mir „Ozean-Regierung“ benannten Verwaltungsspitze beklebt.

Gab es so was nicht immer wieder im militärischen Bereich – Bilder von Gegnern zum Zielschießen?

Erklärt das, weshalb sich der niederösterreichischen SPÖ-Vorsitzende, gelernter Polizist, lachend neben dem Dosenturm ablichten ließ? Und die Aktion erst später nach Protesten als „keine besonders kluge“ abwiegelte?

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Jetzt hat er also auch Superstar Plácido Domingo „erwischt“ – der Vorwurf der sexuellen Belästigung.

Zuerst: Ich finde es gut, dass die Los Angeles Opera, wo Domingo als General Manager wirkt, einen Unabhängigen Untersuchungsausschuss installiert hat, um die Vorwürfe zu untersuchen – hoffentlich in Konfrontation von „Klägerin“ und „Beklagten“, denn nur deren „Erzählungen“ zu lauschen ohne zu erleben, wie die KontrahentInnen wirken, wenn sie einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen, schafft bloß einseitige Phantasiebilder bzw. Manipulationsversuche.

Zur Manipulation zähle ich auch, wenn manfrau die persönliche Vergangenheit der gegenwärtigen Sicht anpassen will. (Wenn man(n) beispielsweise wie seinerzeit Boris Becker von „Samenraub“ sprach statt Verantwortung für seine verhütungsfreie Spontaneität bzw. Bequemlichkeit zu tragen.) Zur Manipulation zählt aber auch, wenn man nicht zwischen traditionellem Balzverhalten, folie à deux und reiner Erpressung unterscheidet.

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Wenn etwas passiert wie der Brandanschlag auf Räume der FPÖ St. Pölten, beginnen wohl nicht nur die ermittelnde Polizeibeamtenschaft sondern auch Hobbydetektive nachzusinnen, wer wohl die Attentäter gewesen sein könnten. Dass sich in Wahlkampfzeiten dabei auch Phantasien aufdrängen, es könnte eine Selbstinszenierung als „Opfer“ gewesen sein, ist genauso eine kreative Gedankenleistung wie die Hypothese, eine andere Partei könne dahinter stecken oder, dritter Rösselsprung, genau diese könne es gewesen sein, die die Legende von der Selbstinszenierung aufgebracht hat … PsychoanalytikerInnen würden dazu sagen, dies alles sei „seelisches Material“ und sage daher Vieldeutiges über die Wünsche und Ängste derjenigen Person aus, die sich diesen Gedankenspielereien hingibt. Juristisch sind es Arbeitshypothesen, die man im Hinterkopf bewahrt – sie könnten sich wider Erwarten ja doch bewahrheiten.

Im Hinterkopf heißt: Nicht im Vorderkopf, dort, wo sich der Mund befindet.

Den sollte man halten solange man keine Beweise hat – oder man muss sprachlich klarstellen, dass man phantasiert. (Ich sage in solchen Fällen „Ich phantasiere“, oder „vermute“, oder „unterstelle“ – und manchmal protestiert dann mein jeweiliges gegenüber „Das ist aber eine Unterstellung!“ und ich antworte dann, „Sagte ich ja!“)

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Der Tiroler SPÖ-Vorsitzende Georg Dornauer, der sich bereits des Öfteren – allerdings nur mit (reaktionserwiesen!) inakzeptablen provokanten Äußerungen – Präsenz in Zeitungsmeldungen organisieren konnte, hat es wieder einmal geschafft, entnehme ich dem Kurier vom 16.08.: Er konnte in einem Interview mit der APA über künftige Regierungskonstellationen phantasieren. Dabei sagte der nicht an mangelndem Selbstbewusstsein leidende Nachwuchspolitiker: „Mit den Grünen im Sitzkreis will ich keinen Staat führen.“ (Hervorhebungen von mir.) Nun – diese Sorge wird ihm vermutlich erspart bleiben.

Aber darum geht es mir nicht. Ich bin auf die spöttischen Abwertung der „Methode“ Sitzkreis aufmerksam geworden – hatte ich genau das Gleiche doch erst drei Wochen vorher aus dem Mund einer Psychiaterin gehört, die vor mir in einer Fortbildungsveranstaltung referiert hatte. Bei ihr dachte ich mir, dass sei halt ein Seitenhieb auf mich als Psychotherapeutin – immerhin gibt es zwischen den „Psychoberuflern“ noch immer unterschwellige Konkurrenzen und nicht alle haben die menschliche Reife und professionelle Kompetenz (welche durch – Psychotherapeuten, nicht aber Ärzten oder Pädagogen und schon gar nicht Juristen vorgeschriebene – jahrelange, von Meistern begleitete, Selbsterfahrung und Supervision erworben wird), ihre geheimen Dominanzbestrebungen wahrzunehmen und im Zaum zu halten. Dass ich noch sechs andere Berufe gelernt habe und ausübe, darunter auch die Juristerei und Pädagogik, war der knapp 20 Jahre jüngeren Frau wohl nicht bekannt (oder unangenehm).

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Im Biologieunterricht lernt man, dass es im Auge einen „Blinden Fleck“ gibt: Dort, wo der Sehnerv austritt, gibt es einen Gesichtsfeldausfall. In der Psychologie verwendet man den gleichen Ausdruck für die Bereiche, in denen die Eigenwahrnehmung versagt: Dort wo man über sich selbst entsetzt wäre. In der Psychoanalyse nach Freud (vor allem Anna Freud) spricht man von Abwehrmechanismen, für ähnliche Phänomene verwendet C. G. Jung den Begriff des „Schattens“.

Zu diesen abgewehrten Wahrnehmungen zählt auch die Erkenntnis, was es für Kinder bedeutet, von ihren Eltern getrennt zu werden: das wohl häufigste aber auch am stärksten tabuisierte Traumata. Kinder sollen brav sein, möglichst stumm und sich nicht wehren. Nicht wenn Mutter ins Spital muss, wenn Vater sich vertschüsst oder wenn sie irgendwo „abgegeben“ werden. Je „braver“ sie sind, desto verstummter. Der Widerstandsschrei bleibt dann innen.

Donald Trump etwa findet nichts dabei, ganz im Gegenteil, er lässt diese Praktik als Einschüchterungsmaßnahme für Eltern zu, die illegal einwandern. Ich sehe darin Psychofolter, und die ist laut der UN-Folterkonvention verboten – aber das wird weitgehend ignoriert. Weiterlesen