Gestern abend beim Jahresempfang der Zeitschrift Die Furche: Eine langjährige Bekannte – Ex-Freundin eines Ex-Freundes von mir – umarmt mich zur Begrüßung. OK – in der Wiener Bussi-Bussi-Gesellschaft üblich wenn auch lästig. Sie ist ein bisschen jünger als ich, ein bisschen kleiner und viel dünner. Wir plaudern. Und schon wieder umarmt sie mich. Ich sage, dass ich das nicht will. Sie versteht die Grenzziehung nicht, fordert eine Erklärung („Rechtfertigung“), gütig wie ich gerne sein mag, gebe ich sie ihr (eigentlich eine Zumutung, „Nein“ allein sollte doch genügen). Einige Sätze weiter tatscht sie mich schon wieder an. Leider muss ich jetzt scharf werden, damit sie die Grenze endlich respektiert. Sie sieht mich unverständig an, hält aber ab dann ihre Hände unter Kontrolle.

„Das sind die Feministinnen“, denke ich insgeheim, „die sich über überGRIFFige Männer empören – und tun doch das das Gleiche!“ In der Proxemik – der Lehre von den Körperdistanzen und diesbezüglichen Umgangsweisen (s. auch mein neues Buch „Aufrichten!“) – wird hinter unerwünschten Berührungen Dominanz und Machtspiel geortet: Wer sich so etwas gefallen lässt, erweist sich damit als unterordnungsbereit. Oder er oder sie stellt verdeckte Spielregeln auf, was richtig ist oder falsch, und richtig gilt dann meist das, was eigenen Bedürfnissen und eigenem Wohlgefallen dient.

Heute bringen die Medien Berichte über einen Verein namens „Original Play“, der in Kindergärten und Schulen „das ursprüngliche Spiel“ anbietet, das „keine Spielregeln, keine Gewinner und keine Verlierer kennt“ in dem fremde (!) Männer (!) mit den Kids am Boden rangeln und herumkugeln (https://orf.at/stories/3141766/). Weiterlesen

Im Zusammenhang mit der „abgeschlossenen“ Familie in Ruinerwold – was für ein Name, wenn man in deutscher Sprache denkt! – tauchen Hinweise auf, dass es sich um Angehörige einer „Sekte“ handeln dürfte. Zumindest gab es in der Vergangenheit Berührungspunkte bei den beiden hauptverdächtigen Angehörigen, denen vorgeworfen wird, die Kinder bzw. Jugendlichen illegal von der „Welt da draußen“ abgesondert zu haben.

Das Wort Sekte stammt vom lateinischen secta und bedeutet  eine abgespaltene Gruppierung. Dazu sollte man sich erinnern: Auch die Urchristen galten als Sekte – der jüdischen Religion abtrünnig – und ebenso wurden die verschiedenen protestantischen, d. h. nur der Bibel und nicht den Interpretationen der Kirchenväter-Gläubigen, als „secta Lutherana“ abschätzig bezeichnet. Man kann es als üblichen Entwicklungsweg betrachten, dass sich immer wieder spätere „Führer“ von dominierenden Denk- und Seinsweisen trennen, egal ob es sich dabei um religiöse, politische oder wissenschaftliche (z. B. gesundheitswissenschaftliche wie bei der Ernährung) handelt. Oft sind die inhaltlichen Grenzen sehr verschwommen wie beispielsweise bei Scientology, das ja oft auch als „Psychosekte“ tituliert wird, sich aber immer wieder vehement um Anerkennung als „Kirche“ bemüht (denn das bringt steuerliche Vorteile). Von dieser Art „Sekten“ gibt es einige und oft ist nur die Art, wie sie ihre Finanzen aufbringen, der Unterschied: Viele veranstalten Seminare zur Persönlichkeitsvervollkommnung, manche erzeugen besondere Waren, manche schicken die weiblichen Mitglieder in die Prostitution und manche bleiben beim altbewährten Spendensammeln.

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Als ich gestern als Teilnehmerin am „Runden Tisch“ zu dem – von einem Österreicher angeblich geschaffenen vermutlichen – Bauernhof-Privatgefängnis in den Niederlanden nach der ZiB 2 sagte, „Einsperren habe lange Tradition“, konnte sich das die Moderatorin gar nicht vorstellen – bis ich ihr einige konkrete Beispiele gab und sie auch daran erinnerte, dass erst vor wenigen Tagen in den Medien von einem Mann berichtet worden war, der seine Freundin in seiner Wohnung eingesperrt hatte. Auf Sendung gab ich auf deren Nachfrage – meiner 50jährigen juristischen, sozial- wie auch psychotherapeutischen Erfahrung gemäß – als Motive Strafe, Kontrollbedürfnis (das gehört zum Anspruch auf Machtausübung) aber auch vermeintlichen Schutz an.

So verweise ich in meinem ganz neu erschienen Buch „Aufrichten! Anleitung zum seelischen Wachstum“ (Verlag ORAC) nebst anderen Beispielen auf den Film „40 qm Deutschland“ von Tevfik Baser aus 1985, in dem die Ehefrau sich erst nach dem Tod ihres Gatten – beide aus der Türkei – aus der tristen Hinterhofwohnung herausbewegen und im von ihm als unmoralisch gefürchteten Alltagsleben zurechtfinden muss. Ich kenne aber aus meinem realen Miterleben auch Akademiker, die ihre Freundinnen, oft selbst Akademikerinnen (und Kinder sowieso) in der Wohnung einsperrten, Autoschlüssel und Handy wegnahmen und die Frauen so voll Angst (und Scham) waren, dass sie nicht einmal wagten, ein Fenster zu öffnen und um Hilfe zu rufen. Ich kenne Menschen, die als Kinder in Kellern, Dachböden, Garagen, Kästen eingesperrt waren und zwar meist als Strafe für „Unbotmäßigkeit“, d. h. Widerstand oder Protest gegen Demütigung oder Zwang. (Der Begriff Unbotmäßigkeit beinhaltet ja die abgelehnte Zumutung, sich wie ein Dienstbote im 19. Jahrhundert zu unterwerfen.)

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Sein Motiv wäre Eifersucht gewesen, wird der junge Mann zitiert, der in Kitzbühel bewusst fünf Menschenleben ausgelöscht haben soll. Was in ihm konkret vor und während der Horrornacht vorgegangen ist, werden Gerichtspsychiater klären müssen – und möglicherweise kommen ganz andere Motive zum Vorschein. Ich vermute tiefe Verletzungen des Selbstwertgefühls, Rachebedürfnisse und eiskalte Wut – ein Gefühlsmix, wie er von denjenigen bekannt ist, die Massaker in Schulen anrichten.

Eifersucht – Rivalität – erleben viele gelegentlich in ihrem Leben. Sie neigen dann dazu, die ursächlichen Personen zur Rede zu stellen, heimlich auszuspionieren, vielleicht auch zu stalken (d. h. durch hartnäckiges unerwünschtes Verfolgen in ihrer Lebensführung zu beeinträchtigen) – und Stalking kann sich sowohl zu einem Wahn oder aus einem Wahn heraus entwickeln, muss das aber nicht. Es gibt sehr viele ganz unterschiedliche Erscheinungsformen – aber alle haben mit verweigerter Wertschätzung zu tun. Weiterlesen

Kanadas Premierminister Justin Trudeau (* 1971) hat sich entschuldigt, dass er als Junglehrer 2001 bei einem Kostümfest als Aladin mit geschwärztem Gesicht aufgetreten ist. Verständlich – er befindet sich derzeit im Wahlkampf. Den Vorwurf, rassistisch (gewesen) zu sein, möchte er nicht auf sich sitzen lassen. Er könnte Wählerstimmen kosten. (http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/justin-trudeau-aladin-hat-aerger-16396533.html )

Ich (* 1944) muss zugeben, auch ich bin bei einem Adventspiel 1951 (2. Klasse Volksschule) als Mohrenkönig mit dunkel gefärbtem Gesicht aufgetreten. Aber ich entschuldige mich nicht – weder mit dem Hinweis, dass mich meine Mutter so hergerichtet hat, noch mit Hinweis darauf, dass es damals ganz normal war, sich auf Opern- oder Theaterbühnen der Rolle entsprechend z. B. als Othello oder Madam Butterfly das Gesicht zu schminken.

Rassistisch finde ich nämlich, darauf zu bestehen, dass nur jemand der gleichen Ethnie solch eine Rolle darstellen dürfe Weiterlesen

Während die Spesenrechnungen der Familie Strache im Scheinwerferlicht der Medienberichterstattung  glitzern – immerhin steht der möglicherweise ungerechtfertigte Vorwurf unrichtiger Abrechnungen im Raum und kann durch die Erhebungen falsifiziert oder verifiziert werden – scheint das Streiflicht auf Thomas Drozdas Porsche 911 nur ein Funserl, obwohl schon interessant wäre, wann und auf welche Weise er das Superauto erworben hat. Auch bei seiner Luxusuhr war das keine Frage, und das zu Unrecht aus dem Ministerium in die Parteizentrale transferierte Riesengemälde hatte er ja zurückerstattet.

Schönheitssinn ist immerhin eine Kulturleistung – und Politiker sollten da ja auch Vorbilder sein!

Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin sehr dafür, dass unsere Regierungsspitzen österreichische Produkte bewerben und gegebenenfalls auch gesponsert bekommen – bei ausländischen allerdings, finde ich, sollte sich das selbst bei EU-Geschwister-Produkten in Grenzen halten. Ich finde auch, dass jeder Mensch – frei nach Viktor Adlers Forderung nach Schönheit bei der Eröffnungsrede des Favoritner Arbeiterheims – ein Recht auf Schulung und Praktik des sogenannten ästhetischen Empfindens haben sollte, besonders diejenigen, die nicht das Glück hatten, in kulturbeflissenen Elternhäusern aufzuwachsen. (Diesem Ziel diente ja auch die Möglichkeit, sich Kunstwerke aus der Artothek für daheim ausleihen zu können … leider vergaßen halt einige s. o. diese zurück zu geben …) Kontrast: Es gab einmal einen Wiener Bürgermeister, der bekam von einem dankbaren „Freund“ einen weißen Jaguar (Automobil)  geschenkt – und weil ihm das peinlich war und er ihn nicht fahren wollte, weil er fand, das passe nicht zu seinem Ideal-Ich, gab er ihn als Dauerleihgabe an seinen Pressereferenten weiter.

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Der deutsch-US-amerikanische Soziologe und Psychoanalytiker Erich Fromm (1900–1980) führte in „Anatomie der Destruktivität“ eine bislang unerhörte Unterscheidung ein: Unter dem Namen „Nekrophilie“ –  der bisher für den sexuellen Drang nach Geschlechtsverkehr mit Toten verwendet wurde – summierte er die Angst vor dem Lebendigen und stattdessen leidenschaftliche Hingabe an Totes wie beispielsweise Maschinen (wie Autos – oder derzeit Telekommunikationsgeräte).  Während etwa diejenigen Menschen, die Lebendiges lieben – er nannte sie „Biophile“ – sich an anderen Menschen, Tieren, Blumen, Landschaften etc. erfreuen, bevorzugt es der „Nekrophile“, sie zu fotografieren und als „totes“ Bild in ein Album zu kleben (wenn überhaupt).

Daran musste ich denken, als ich las, dass zehn „Wanderbäume“, die für bessere klimatische Bedingungen in benachteiligten Wiener Stadtzonen sorgen sollten, und die Dienstag vom 5. in den 2. Bezirk „gewandert“ waren, in der Nacht zu Mittwoch umgehackt wurden – vermutlich, so die Erklärung, aus Wut, weil sie Parkplätze „besetzen“.

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