Da las ich doch am 16. März im Kurier, „Uniform ist ein Fall für die Disziplinarbehörde“, denn der Listenchef und Drittelpartner (Baustadtrat) der neuen Ybbs-Waidhofener Stadtregierungspartei FUFU (Farblose Unabhängige Formierte Uniformierte) Martin Dowalil trat zum wiederholten Male in der Uniform der US-Marines auf, und das „unbefugte Tragen von Uniformen“ sei eben gesetzlich verboten.

Welcher Uniformen? Frage ich mich. Bei den aktuellen von Bundesheer, Polizei und anderer Berufe mit Exekutivbefugnissen ist die Gesetzesregelung klar: Niemand soll sich deren Anteil an Staatsgewalt erschleichen und andere dadurch schädigen können. Aber bei eindeutig mit einer deutlich anderen zeitlich und räumlich beschränkten und deutlich ausgewiesenen Sinngebung – wie eben hier als „Protestkunstprojekt“?

Ich erinnere mich noch genau, wie sich in den 1960er und Nachfolgejahren Unzählige über Hermann Nitsch’s (1938–2022 Hermann Nitsch – Wikipedia) „Orgien-Mysterien-Theater“ echauffierten – heute, kurz nach seinem Dahinscheiden, sind fast alle des Lobes voll – aber erst nachdem er internationale Karriere machte und dadurch der Sinn und Besinnungsanspruch seiner „Aktionen“ verdeutlicht wurde. Österreich tut sich schwer, eigene Innovationen zu ertragen, wenn sie nicht vom Ausland gutgeheißen in die Heimat zurückkehren. Nesthocker:innen werden diskriminiert.

Weiterlesen

Die Venus von Willendorf sei kein Fruchtbarkeits- oder Sexsymbol, wird aktuell als Entschlüsselung angeboten (Venus von Willendorf: Großmutter statt Sexsymbol – science.ORF.at) sondern stelle die weise alte Frau dar. Begründet wird dies auf Grund ihres Körpers – aber nicht alle alte Frauen gehen in die Breite. Auch nicht alle Schwangere.

Eine überschlanke Freundin erzählte mir einmal, ihr geschiedener Ehemann, ein Psychoanalytiker, hätte ihr auf den Kopf zugesagt: „Frauen im Alter werden entweder Kühe oder Ziegen – Du wirst eine Ziege!“ Ich replizierte darauf kühl: „Und Männer werden wohl Böcke oder Ochsen – wo verortet er sich?“ Aber schon vielsagend, dass der Psychiater Menschen mit Tieren verglich …

Ich habe vor etlichen Jahren in einem Vortrag im Haus der Regionen in Krems meiner Überzeugung Ausdruck gegeben, dass es sich bei der Willendorferin um einen Fetisch zur Bewältigung von Geburtsschmerzen handelt und dies mit der 11 cm Winzigkeit der Statuette begründet: So einen Talisman konnte eine Gebärende gut mit einer Hand umklammern.

Weiterlesen

Peter Hiess bat mich 2003 um einen Beitrag „Ist Kurt Ostbahn sexy?“ für den Sammelband „Kurt Ostbahn: Seid‘s vuasichtig und losst‘s eich nix gfoin!“ (Niederösterreichisches Pressehaus 2004).

Ich schrieb damals:

„Die Brille, der Bart, die Schulter“

Von Zeit zu Zeit tauchen Bücher auf, in denen antike Göttergestalten herhalten müssen, um ihnen die Männer und Frauen der Gegenwart „unterzuordnen“. C. G. Jung begann mit der Klassifikation der „Archetypen“, Jean Shinoda Bolen setzte mit „Götter in jedem Mann“ – und selbstredend auch „Göttinnen in jeder Frau“ – nach. Robert Moore und Douglas Gilette reduzierten auf vier Typen – „König, Krieger, Magier, Liebhaber“ – und der Expriester John Gray nahm überhaupt nur mehr Marsmänner und Venusfrauen wahr.

In Österreich hingegen kreieren sich Originale nach Eigen-Sinn: vom stumm lächelnden WaLuLiSo über den im Böhmischen Prater brabarssierenden Baron Karl bis zur singenden Frau Maria in ihrem Kaffeehaus am Naschmarkt. Menschen wie du und ich, Menschen auf der Straße, im Park, im Domizil, Menschen, die sich was trauen.

Weiterlesen

Seit Beginn des heurigen Jahres versuche ich Dr. med. Reinhardt Brandstätter [Reinhardt Brandstätter – Wikipedia], der heuer am 25. September seinen 70. Geburtstag gefeiert hätte und dessen 40. Todestag sich am 17. April, dem Ostersonntag, jährt, die sichtbare Wertschätzung zukommen zu lassen, die diesem Pionier der Aids-Hilfe gebührt – ein Spießrutenlauf zwischen aktiven und ehemaligen Politiker:innen.

Als Mitbegründer und Aktivist der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien hatte Reinhardt, den ich bei seiner Arbeit aus vollem Herzen unterstützte, soweit es mir möglich war, schon früh Kenntnis über die bis dahin unbekannte Infektionskrankheit erlangt und sich nicht nur für seriöse Information, sondern vor allem für Prävention engagiert. Das war damals nicht leicht, denn viele „Kampfkatholiken“ sahen in der von ihnen so genannten „Schwulen-Seuche“ die wohlverdiente Strafe Gottes und ignorierten die Ansteckungen durch Spritzen, Bluttransfusionen, wie auch Sextourismus. Ich habe selbst in der – von mir und Kolleg:innen gegründeten – Ersten Wiener Sexualberatungsstelle Ehefrauen betreut, die von ihren Männern infiziert worden waren, teils, weil sie verseuchte Bluttransfusionen erhalten hatten, teils weil sie mit drogenabhängigen Prostituierten „fremdgegangen“ waren.

Weiterlesen

Im Masterstudium der evangelischen Fachtheologie stellte uns der Professor zu Ende des Augustinus-Seminars die Aufgabe, dessen Gedanken zur „civitas dei“ (meist übersetzt als „Vom Gottesstaat“ oder „Gottesbürgerschaft“) zu kritisieren.

Ich verweigerte dies mit den Worten, ich hätte Respekt vor den Gedanken anderer, auch wenn mein Blickwinkel ein anderer wäre (und um den mit Argumenten öffentlich zu machen, brauche ich mehr Zeit als fünf Minuten).

Heute pochen viele Menschen auf ihr Recht auf Meinungsfreiheit – immerhin ein verbrieftes Menschenrecht, gedacht als Schutz vor Verfolgungshandlungen politisch Andersdenkender – und zählen dazu ein vermeintliches Recht, andere mit ihrer Gesinnung zu terrorisieren. Wer hat nicht schon einmal den Satz gehört: „Das siehst du falsch!“

Dieser Satz ist Sprachmüll Weiterlesen