Wenn Oona Kroisleitner im Standard vom 30.06.2022, Seite 28, („Keine Dauerlösung“) die ehemalige Unterrichtsministerin (1995–2007!) Gehrer dafür kritisiert, dass sie einst Maturant:innen vor dem Lehramtsstudium warnte, während heute Lehrkräfte „Mangelware“ wären (mit diskretem Hinweis auf Corona-bedingte Ausfälle) und Sonderverträge, Einsatz von Student:innen und Pensionist:innen nur „Symptombekämpfung“, so geht das an der echten Ursache vorbei. Die beseitigt nämlich auch – Zitate – „pädagogische Expertise“ und ein „attraktivierter Karriereweg“ nicht.

Meine Erfahrung aus Beratung, Forschung, Supervision und Unterricht an der Univie (Didaktik der Gewaltprävention) sowie Universität für Weiterbildung in Krems (PROvokativpädagogik – nicht zu verwechseln mit der nachgefolgten Mogelpackung Provokationspädagogik) – und publiziert in den Büchern „Mut zum Unterricht“ (2007), „Feindbild Lehrer?“ (2009) und „PROvokativpädagogik – PROvokativmethodik“ (2017), alle erhältlich über www.aaptos.at  – hat klar ausgewiesen: Die Schülerschaft hat sich sozial gegenüber früher massiv verändert, und die Lehrerschaft ist darauf nicht vorbereitet.

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Derzeit historisch hinten nach, titelt orf.online heute. Nach fünf Jahren: „MeToo“ erreicht auch Österreich [https://orf.at/stories/3272794/], in unbewusster – oder doch bewusster?, immerhin ging es da um den „heiligen“ ÖSV (Österreichischen Skiverband) – „Vergesslichkeit“ der mutigen Aufdeckungsarbeit von Nicola Werdenigg (die danach eine juristische und mediale Hexenjagd sondergleichen erlebte).

Aber ich glaube die Überschrift schon zu verstehen: Der Titel bezieht sich darauf, dass diesmal eine Schauspielerin und Regisseurin und noch dazu ganz konkret über zahllose erlebte sexuelle Zumutungen und Erpressungen das Wort ergriffen hat – und damit auch vielen Leidensgenossinnen „den Mund geöffnet“ hat.

Es ist erschreckend, dass im 3. Jahrtausend, gut 50 Jahre nach der großen Strafrechtsreform und Familienrechtsreform (an denen beiden ich als damals SPÖ-Mandatarin mitgearbeitet habe und diese Zeit des „Aufbruchs“ im wahrsten Sinn sehr vermisse), Partnerschaft – und die bedeutet immer Respekt und Solidarität im Verteidigen von Menschenwürde! – noch immer nicht dort angekommen ist, wo sie am dringendsten Not-wendig wäre: Bei Männern, die glauben, ihre sexuellen Phantasien in die Tat umsetzen zu müssen und zu dürfen.

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Wir dürfen die sozialen Felder nicht den Hassenden und den Zornigen überlassen, schreibt Anton Grabner-Haider in seinem neuen Sammelband „Denken im Widerstand – Fake News und neue Ideologien“ (S. 41, Plattform Johannes Martinek Verlag, Mai 2022), und im gleichen Buch erklärt Manfred Prisching, dass Feinde Identität schaffen (S. 91).

Identität bedeutet für mich, ein sicheres inneres Selbstwertgefühl, das vor allem auch auf außen gelebten Werten basiert – beispielsweise dem bewussten Verzicht auf Hass. Etwas oder jemanden nicht zu mögen, genügt doch? Und diese „Selbstoffenbarung“ zu begründen, gestattet unsere in den Menschenrechtskonventionen verbriefte Meinungsfreiheit: Man bleibt „im eigenen Revier“ und formuliert, weswegen man sich bestimmten Bewertungen und Ideologien nicht anschließt oder auf größere Distanz geht, und die besteht oft im Austritt aus einem Verein, einer Partei oder einer Religionsgemeinschaft, in Auszug, Scheidung, Übersiedlung und oft hilft nur Emigration, um sich vor den Verfolgungen durch Feinde zu schützen.

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Als ich noch Bezirksrätin in Wien Favoriten war (1973–1987) erzählte mir eine Genossin, vermutlich ein Jahrgang aus den frühen 1930er Jahren, die zur Zeit unseres Gesprächs in der Arbeiterkammer arbeitete, dass sie Ende der 1940er Jahre, Arbeit suchend am Arbeitsamt – heute AMS – vorsprach und zu hören bekam, sie sei doch hübsch, sie werde doch einen Herren finden, der sie erhalte (und dabei war nicht an Heirat gedacht).

Wir waren uns damals einig, dass diese gedankliche Entgleisung wohl der Erziehung der wohlangestellten Beraterin zuzurechnen sei, die halt noch im Zeitgeist des 19. Jahrhunderts dachte – so wie meine sehr geliebte mütterliche Großmutter, bei der ich während meines Studiums gelegentlich wohnte, und die jedes Mal, wenn mich ein Kommilitone abholte, nachher fragte „Na wär‘ der nichts?“ (nämlich zum Heiraten), aber daran dachte ich gar nicht, ich wollte mich beruflich beweisen und auch Karriere machen (war als einziges Mädchen „mit Dispens“ in einem altsprachlichen Gymnasium für Knaben, dort wurden wir ja daraufhin „programmiert“ – und dass das nicht für Frauen galt, habe ich erst in der damaligen SPÖ mitbekommen – heute ist es aber auch nicht viel anders).

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Da postete jemand heute auf Facebook ein Bild aus einem Artikel vom Handelsblatt, aus dem abzuschauen war, dass es einen „Bildungstrichter“ gibt: Oben ist die Ausgangslage gleich breit für 100 Kinder, die einen aus Akademikerfamilien, die anderen aus Arbeiterfamilien, und darunter die jeweiligen Schulstufen bis zum Hochschulabschluss, und die Breite war bei den Akademikerkindern nur minimal verkleinert, aber bei den sogenannten Arbeiterkindern nur mehr winzig. (Kinder aus Nichtakademikerfamilien haben es in Deutschland schwer (handelsblatt.com))

Mir ging dabei einiges ab: zuerst die Unterscheidung in naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Studienrichtungen; weiters bei genau dieser Zweiteilung die Unterscheidung nach Geschlechtern; dann aber auch die Unterscheidung zwischen erstem und zweiten bzw. dritten Bildungsweg.

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„Das Problem ist, wenn Ungleichbehandlung mit Abwertung verbunden ist“, schrieb die Grünen-Nationalratsabgeordnete Mag.a Faika El-Nagashi anlässlich der heurigen Wiener Regenbogenparade („Die Weiblichkeit wird abgesprochen“, Salzburger Nachrichten, 11.06.2022, S. 2).

In ihrem Buch (gemeinsam mit der Wiener Ärztin und SPÖ-Landtagsabgeordneten Dr.in Mireille Ngosso) „Für alle, die hier sind“ (Kremayr & Scheriau, 2022) schreibt es die ungarisch-ägyptisch-stämmige Politologin noch deutlicher: „Jede Partei hat ihre Versprechen. Bei den Grünen waren es für mich die von der Durchsetzung von Menschenrechten“ (S. 59). Dort heißt es in Artikel 3 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention): „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“ – und das gilt nicht nur als Verbot für Staaten, sondern für uns alle, denn die Staaten, die die EMRK unterzeichnet haben, müssen dies auch durch nationalstaatliche Gesetze garantieren. (So erklärt sich auch die jüngste Anzeige gegen einen Elementarpädagogen, der angeblich ein Kind in die Toilette eingesperrt haben soll.

Da ist noch viel an Antidiskriminierungsgesetzgebung fällig, wie das stete Bemühen des engagierten Rechtsanwalts Helmut Graupner beweist – denn noch immer gibt es Bevölkerungsgruppen, die fern jeder Wissenschaftsinformation gleichgeschlechtliche Liebe ihrer fundamentalistischen Erziehung entsprechend für Krankheit, Verbrechen oder Sünde halten. Ich – die allen drei Berufen zugehört, in denen diese „Etikettierungen“ verteilt werden – sehe darin vor allem ein Instrument gezielter Bevölkerungs- und Kriegspolitik („Der Führer braucht Soldaten“).

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Als ich vor wenigen Tagen mein letztes Buch „Das Schweigen der Hirten – Kirche und sexuelle Grenzüberschreitungen“ einer interessierten Kolleg:innenschaft vorstellen durfte, in dem es um die vielen Formen des Schweigens wie auch – hochaktuell! – des Vertuschens geht, entwickelte sich danach eine intensive Diskussion über Homosexualität, Pädophilie, die Attraktivität pädagogischer Berufe für diese Personengruppen und ob der Zölibat „schuld“ daran sei, dass es im kirchlichen Bereich so viele sexuelle Übergriffe auf Kinder gäbe bzw. gab.

Ich war froh, gerade in unserer Berufsgruppe klar stellen zu können, dass die Hauptgruppe der Täter bei sexueller Ausbeutung von Kindern immer noch in den Familien zu finden sei, und, wie ich im Buch ausführlich darlege, Pädophilie (Neigung, Schwärmerei), Pädosexualität (eine sexuelle „Vorliebe“ oder Fixierung) und Pädokriminalität (Vermarktung von – nur als grober Überbegriff gemeint – pädosexuellen Darstellungen) voneinander unterschieden werden müssen, auch wenn sie in der Biographie einer Person (nebst anderen Besonderheiten) verbunden auftreten sollten.

Was mir aber wert schien, mich ausführlich damit zu befassen, war die – oft nur als Machtmittel „in Beziehung“, in der Sache jedoch unpassende Verwendung des Wortes „Schuld“.

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In seinem neuen Buch „Die dunkle Leidenschaft. Wie Hass entsteht und was er aus uns macht! (Gräfe und Unzer, 2022), listet der sensible – ich habe ihn selbst mit meinen Student:innen bei einem Vorarlberger Mordprozess als höchst respektvollen Gerichtsgutachter erlebt, Kompliment! – Psychiater und Bestsellerautor Reinhard Haller (* 1951) das breite Spektrum all der Untaten auf, die in den Medien Stoff für Sensations- wie auch Aufklärungsberichte liefern – und einige eher unbeleuchtete. Zu diesen gehört das „toxische“ Schweigen (S. 45 ff.)

Haller unterscheidet das meditative, kreative, andächtige, rücksichtsvolle vom frustrierenden, eisigen bis zum aggressiven und hasserfüllten Schweigen, das die eigene Machtdemonstration zum Ziel hat.

Derzeit berichten die Zeitungen über eine andere Art des toxischen Schweigens, das auch mit Macht zu tun hat: Das beharrliche Verschweigen sexueller Übergriffe wie auch schwarzpädagogischer Maßnahmen in pädagogischen – aktuell konkret elementarpädagogischen, sprich Kindergärten – Einrichtungen („Chefin der Wiener Kindergärten abgesetzt“, Der Standard, 08.06.2022, S. 8).

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Die Hacker der Kärtner Landesregierung geben nicht auf, lese ich in orf.online Hackerangriff: Land dementiert Datenleak – kaernten.ORF.at und drohen und erpressen weiter. Offenbar sind sie sich ihrer Schläue und Digi-Kompetenz total sicher … aber das ist eine bekannte Begleiterscheinung krimineller Energie. Jedoch: Wieso gerade Kärnten?

Vor mehr als einem Monat hatte ich Gelegenheit, an einer Podiumsdiskussion im Radiokulturhaus teilzunehmen (kurz bevor es zugesperrt wurde und nun Geschichte ist – und auch Teil meiner Biographie als nebenberufliche Medienarbeiterin), in der es um das Interesse an Gold ging – und auch um Bitcoins. Sehr spannend – noch nachzuhören unter Zier, Rausch, Gier | MO | 30 05 2022 | 16:05 – oe1.ORF.at – es war auch ein echter Goldgräber dabei, ich hatte gar nicht gewusst, dass es bei uns in der Steiermark Hobbyschürfer gibt.

Das Spannende ist die Mentalität: Dass Abenteuer und Risiko vielen einen Kick verschafft, der sie aus ihrer latenten Depressivität herausholt, kenne ich von vielen meiner Patienten, und in Flüssen Gold herauszuwaschen ist rein von der körperlichen Betätigung gesünder als stundenlang im Spielcasino zu sitzen und die Identität als Naturbursch wie im Wildwestfilm wohl auch friedlicher als James Bond zu kopieren.

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