Nun hat also unsere Regierung den für evangelische Christen arbeitsfreien Karfreitag weggezaubert. Wäre ja auch ein zu langes Wochenende geworden … und für den Handel ein Riesenmanko im Verkauf von Ostergeschenken … weil wir Evangelische ja so viele sind … Sind wir natürlich nicht. Wir sind eine Minderheit von nicht einmal 300.000 in Österreich (Kinder und PensionistInnen mitgezählt).

Aber wir wissen ja: Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut. Zumindest wurde das lange Zeit plakatiert, damit wir es wissen.

Und Sarah Wiener hat als Listenzweite der Grünen für die EU-Wahl den Lied-Refrain aus der „Dreigroschenoper“ von Bert Brecht in Erinnerung gerufen „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“. (Die zweite Hälfte des Zitats hat sie bekanntlich weg gelassen … wäre ja auch unschön für eine potenzielle Politikerin!)

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Gestern geriet ich in ein Gespräch mit einem Rechtsanwalt (und Ex- Nationalratsabgeordneten), der sich über die geplante Mindeststraferhöhung für Vergewaltiger erregte: 2 Jahre Haft wäre doch unmenschlich. Für meine Hinweise auf die arge Gesundheitsschädigung war er uneinsichtig. Er hatte nur den Mann im Gefängnis im Blick.

Dann erging er sich über Freisprüche „in dubio pro reo“ (d. h. im Zweifelsfall für den Angeklagten), wenn es keine klare Beweislage gäbe. Genitale Verletzungen – wie in einem jüngsten Fall (s. mein Brief gegen Gewalt „Schulungsbedarf“ vom 28.01. s. www.haltgewalt.at) – werden nicht ernst genommen bzw. ignoriert, was nur zeigt, wie wenig Laien- oder Profirichterschaft von Anatomie weiß: Der Körper hat überall dort zarteste Haut, wo die schutzbedürftigsten Stellen sind – man braucht sich doch nur vorstellen, was passiert, wenn jemand anderer mit einem übergroßen Gegenstand in die Nase hineinstößt. Da sich aber eine große Anzahl von Männern mit der regelmäßigen „Action“, sprich Gewalt, in Pornofilmen identifiziert und dieses Verhalten als normal verteidigt (und Ehefrauen oft „um des Friedens willen“ schweigen und nur in der geschützten Therapie-Situation ihre Wahrheit zu sagen wagen), wissen sie das nicht und wollen es auch gar nicht wissen.

„Die Frau kann ja immer – haha!“ Weiterlesen

Wer die Medienberichterstattung der letzten Tage verfolgt hat, wird vermutlich kaum bemängelt haben, dass nur oppositionelle Kritik (auch von den sogenannten Experten, die in der Task Force Strafrecht des BMI mitgearbeitet und dort Gelegenheit genug dazu gehabt haben) veröffentlicht wurde – aber keine Alternativen oder zumindest Erklärungen der konkreten Ziele dieser Verschärfungen. Stattdessen wurde Generalprävention (Abschreckung potenzieller Täter) und Spezialprävention („Besserung“ bereits manifester Täter) angeführt und dass es dazu keine Strafverschärfungen brauche.

Der Ansicht bin ich nicht: Wie ich schon mehrfach betont habe, gibt das Strafrecht nicht allein Anleitung für Urteilsfindungen, sondern macht deutlich, was wir, die Gesellschaft wollen bzw. nicht wollen UND was wir für leichte oder schwere Straftaten halten. Mit der Behauptung – vor allem von Personen, die nicht der gegenwärtigen „Ozean-Regierung“ (türkis-blau!) zuzurechnen sind sondern der Opposition – es brauche keine strengeren Strafen, werden sexualisierte Gewalttaten – das sind (laut dem Profiler Thomas Müller) solche, die mit oder an Genitalien verübt werden – in ihrer Schwere verharmlost.

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Es gibt allseits gegenwärtige Schlagworte, die eigentlich die Realität verzerren. Dazu zähle ich Worte wie „Beziehungstaten“ – denn jede Interaktion zwischen Lebewesen beruht auf einer Beziehung, egal ob es sich um einen Blick handelt, einen Wortwechsel oder einen Angriff (letzteres fürs Erste wortwörtlich noch neutral gemeint). Selbst ein Diebstahl beruht auf einer Beziehung – der Dieb „bezieht“ sich auf sein Objekt und damit auch auf dessen Eigentümer oder Besitzer. Ohne Bezug – ohne Einschätzung, Planung (und sei sie noch so minimal bzw. routinemäßig), Durchführung samt mehr oder weniger Wachsamkeit und Kontrolle – geschieht nichts.

Was sei denn die „Ursache“ für „Beziehungsmorde“ wie den heutigen in Wien Meidling (https://wien.orf.at/news/stories/2964300/), fragte mich zu Mittag eine Journalistin und gab sich gleich selbst die Antwort: patriarchale Kulturen?, und meinte damit den bosnischen Täter … denn zu dieser Zeit wurde vermutet, dass die attackierte Serbin tot wäre, dabei war es aber er selbst. („Eifersucht“ ist auch so ein vielzitiertes Schlagwort – aber das bearbeite ich erst demnächst.)

Das Patriarchat sei nicht von vornherein als frauenfeindlich einzustufen, korrigierte ich die Suche nach dem „Schuldigen hinter dem Schuldigen“, denn Machtstrukturen wären nicht gleichzusetzen mit Machtmissbrauch.

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Staatssekretärin Edtstadler hat die Ergebnisse der von ihr geleiteten „Task Force“ Strafrechtsreform veröffentlicht und wird sofort von all denen heftig kritisiert, die jahrelang Zeit gehabt hätten, ihre Verbesserungsvorschläge einzubringen – vor allem auch in Hinblick darauf, dass sie ihre Institutionen (Frauenhäuser, Universitäten, Berufsverbände etc.) vertreten, daher nicht darauf angewiesen sind, ihr Wissen zu „verkaufen“, wie etwa die PsychotherapeutInnen an der Basis, für die jede Teilnahme an einer „Expertenrunde“ Verdienstentgang bedeutet – und die außerdem ignoriert werden, weil sie mangels institutioneller Einbindung nicht ausreichend kontrollierbar erscheinen.

Nun ist jeder einzelne Aspekt wichtig und diskussionswürdig: Komplexe Phänomene – und um die handelt es sich bei sexueller Gewalt – brauchen die Sichtweisen unterschiedlichster Berufe (und es gibt kaum jemand, der/die wie ich alle relevanten Berufe erlernt hat und jahrelang und auch aktuell ausübt, denn die sozialen Sichtweisen ändern sich ja auch und können in ihrer Genese verdeutlicht werden). Will man also RepräsentantInnen der Sozialarbeit, Rechtswissenschaft, Psychiatrie / Psychologie/ Psychotherapie, Pädagogik, Soziologie, Medien- wie auch Kommunikationswissenschaft an einem Tisch versammeln, müssen wie in der Mediation zuerst „Spielregeln“ des Zuhörens und einander Respektierens vereinbart werden – denn erfahrungsgemäß werden diese Fähigkeiten zwar behauptet aber nicht gelebt.

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Was nun mit der angesprochenen „kalten“ Aggression los ist, wurde ich, kaum dass mein „Brief“ Nr. 9 online war, per mail gefragt.

Mit „kalt“ meine ich den erkennbaren körperlich-seelisch-geistigen Zustand der agierenden Person: Langsam atmend, mit „eiskaltem“ fokussierten Blick entschieden, d. h. ohne Schwanken oder Zweifel, ruhig, überlegt und präzise handelnd einen Schadensplan in die Tat umsetzend.

Kalte Aggression ist ein Endpunkt tage- oft jahrelanger Vorbereitung. Professionelle Jäger beobachten üblicherweise ihre Jagdbeute bzw. beauftragen Späher. Diese Verhaltensweisen finden wir auch bei Stalkern, die entweder aus Rache verfolgen oder sich in Wahngedanken verloren haben. Dies ist nicht gleichzusetzen mit verzweifelten Menschen, die darum ringen, respektiert zu werden und nicht über die sprachliche Eleganz verfügen, ihren Leidenszustand adäquat auszudrücken. Wenn diese aggressiv werden, zeigt das nur, dass sie in ihrem seelischen Tief an dem Kipp-Punkt angelangt sind, an dem die lange unterdrückte – und in wohldosierter zivilisierter Form eigentlich gesunde – Aggression hervorbricht. Deswegen ist es ja so wichtig, dass wenigstens ein achtsamer Mensch merkt, dass es jemand schlecht geht und die Parzival-Frage stellt: „Was ist denn los mit dir? Kann ich dir was für dich tun?“

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Es gibt wenige Menschen, die nicht der Meinung sind, „ihnen könnte so was nie passieren“ – beispielsweise zum Mörder, zur Mörderin zu werden.

Vor Gericht heißt das dann „Ich kann mir nicht erklären, wieso mir das passiert ist …“.

Diese passive Sprachform zeigt dann, dass das eigene Verhalten als „Ich-fremd“ erlebt wird.

Im Mittelalter war man der Meinung, ein Dämon wäre in einen eingefahren oder man wäre verhext worden – und meist richtete sich gleich ein Verdacht auf irgend einen Sündenbock bzw. eine Sündenziege, irgendjemand, für den oder die man ohnedies insgeheim feindliche Gefühle hegte, die man aber von sich weg auf diese Person verschob. Manchmal tauchen dann aber doch Schuldgefühle auf. Wir Angehörige seelsorgerischer Berufe kennen das – und wir wissen, wie wichtig es ist, denjenigen, die dazu bereit sind, die Qual der Reue auf sich zu nehmen, beizustehen – und wie anstrengend.

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Zehn Tote und dreißig Verletzte bei einem Brand in einem achtstöckigen Wohnhaus in Paris, lese ich auf https://orf.at/stories/3110371/ , und, die Polizei gehe von einem kriminellen Hintergrund aus, und: Eine Frau sei festgenommen worden. Und: Diese solle laut einem französischen TV-Sender an psychischen Problemen gelitten haben.

Menschen neigen dazu, für alles möglichst schnell die dazu gehörige  Ursache zu erfahren – das hilft der Angstabwehr. Dann weiß man, wer schuld ist, wer bestraft werden muss oder von wem man Schadenersatz verlangen kann, und oft geht auch die Phantasie mit einem durch. So titelt orf.online auch gleich „Feuer gelegt?“ – und formt mit der Überschrift bereits die seelisch-geistige Verbrecherjagd bei all denjenigen, die nicht sprachkritisch mitdenken und liefert auch gleich eine Verdächtige samt Motiv: psychische Probleme.

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