Kunst besteht ja nicht nur aus der geistigen Konzeption eines Malers, Dichters oder Komponisten, sondern auch aus all dem, was Interpreten daraus weiter entwickeln (Kritiker mitgemeint – so bin ich vor allem auch deswegen Abonnentin des Standard, weil Ronald Pohl Kunstkritiken von höchstem künstlerischen Sprachniveau verfasst). Je mehr Kunstformen sich zusammenfinden, desto mehr spricht man von einem Gesamtkunstwerk – und so etwas zu kreieren ist vermutlich Anliegen vieler, die für Festspiele inszenieren – nämlich ganz neue, „revolutionäre“ Ausdrucksformen zu gestalten. (Einen ähnlichen Anspruch orte ich auch bei mir, wenn ich versuche, meine Publizistik nicht in der üblichen europäischen Wissenschaftssprache zu verfassen, sondern als „Wissenschaftspoesie“, in der auch die Sprachschöpfungen von Psychoanalyse und Homiletik Platz greifen dürfen.)

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In der Felsenbühne von Staatz im Wienviertel wird heuer das Musical „Der Graf von Monte Christo“ beeindruckend in Szene gesetzt. Abgesehen von den fulminanten gesanglichen Leistungen sticht vor allem die technische Kreativität ins Auge, mit der Intendant Werner Auer die Felsenarena zu nutzen weiß – das Publikum wird sogar optisch ins Meer hineingeführt, ein echte Überraschung!

Überraschung ist im Plot des gleichnamigen Romans von Alexandre Dumas ein wiederkehrendes Motiv: Als braver Briefbote gerät der junge Seemann Edmond Dantès in eine Intrige und landet vor dem stellvertretenden Staatsanwalt de Villefort, der ihn, obwohl er ihn gerade als unschuldig erkannte, überraschend verhaften lässt, weil er seine Karrierebestrebungen gefährdet.

Im berüchtigten Gefängnis auf der Insel Chateau d’If, aus dem niemand lebend entkommt, taucht überraschend ein Mithäftling in seiner Zelle auf, der sich beim Graben seines geplanten Fluchttunnels verrechnet hat. Als dieser ehemalige Priester stirbt, kann Dantès sich überraschend und unentdeckt an dessen Stelle in den Sack einnähen lassen, mit dem die Toten ins Meer geworfen werden und so entkommen.

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Die eigene Freiheit ende dort, wo sie an die der anderen stoße, wird oft doziert – aber diese Grenzen muss man erst einmal wahrnehmen (d. h. wissen, dass es sie gibt und dass sie individuell unterschiedlich ausgeformt ist). Üblicherweise gibt es drei Entwicklungsphasen, in denen sich alle Menschen mit diesem Problembereich konfrontiert sehen:

  • das ist zuerst die sogenannte „Trotzphase“ so um das Ende des zweiten Lebensjahres, in der die Kleinkinder sich dank erstarkter Muskelkraft in Widerstand üben und sich „stark“ fühlen, aber oft brutal eingebremst statt geduldig angeleitet werden. Viele der späteren psychischen Störungen haben darin ihre Wurzel.
  • die nächste Phase ist die sogenannte Pubertät – also der Eintritt in die „Reife“ der Erwachsenenwelt (und damit Strafmündigkeit, gesetzlich erlaubtes Sexualleben und generelle berufliche Selbsterhaltungspflicht) mit ihren vielen Ausprägungen, die erst ausgetestet werden wollen und damit zu Konflikten mit der sozialen Umwelt führen, die hemmend einwirken will – und dies wieder mit Verboten und Strafandrohungen versucht, nur lernt man dadurch nur Verbieten und Strafen. Nachahmenswerte Modelle werden kaum vorgelebt. Im Gegenteil sucht man die Selbstbefreiung eher in Gemeinschaften, wo Grenzen überschritten werden (z. B. Sekten oder radikalen ideologischen bzw. politischen Gruppierungen).
  • und dann kommt sicherlich noch das Klimakterium – der Wechsel mit seinen Hormonveränderungen (auch bei Männern!) so ab der Lebensmitte (derzeit zwischen 40 und 50 angesetzt), in dem das bisherige Leben oft als zu eng empfunden wird und Ausbruchslust entsteht (und wenn es nur ein trivialer Seitensprung oder Bordellbesuch ist).

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„Der Kunde ist König“, lautete eine Standard-Empfehlung an künftige Kaufleute in ihrer Lehrzeit und beinhaltete im Verborgenen den Rat, sich mit der Kundschaft nicht anzulegen, weil man sie sonst vergraulen und möglicherweise noch üble Nachrede provozieren würde. Und da es einem Sprichwort gemäß aus dem Wald so zurückschallt, wie man hineinruft, verhielt sich die Kundschaft dann auch königlich würdevoll.

Das hat sich geändert. „Beim Einkaufen entlädt sich der Zorn“, titeln die Salzburger Nachrichten vom 26. Juli, und wissen (im Untertitel): „Beschimpft und bespuckt: Die Aggression gegenüber Verkäuferinnen steigt. Schuld ist nicht nur die Hitze.“ Als Ursachen werden neben der zunehmenden Ungeduld der KäuferInnen auch Personalknappheit, junge unerfahrene und daher auch billigere MitarbeiterInnen und allgemeiner Zeitdruck angegeben.

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Ein Wiener Spitalsarzt ist von einem Patienten mit einem Messer schwer verletzt worden. Der Täter war im Wartebereich gesessen, sei aufgestanden, habe zugestochen und sich danach wieder ruhig hingesetzt, war in den Medien zu erfahren (https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/Messer-Attacke-auf-Chef-Arzt-in-Wiener-Spital/388112872), und, sagt der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp, es habe bislang 200 dokumentierte Übergriffe allein im Wiener Wilhelminenspital gegeben.

Ich habe jahrelang für die Niederösterreichische Krankenanstalten-Holding ein zweitägiges Seminar „Kritik – Beschwerde – Drohung – Attacke“ an verschiedenen Standorten abgehalten und dabei von den Kollegen und Kolleginnen unterschiedlichster Dienststellen wie auch Ausbildungen erfahren, wie sehr ihre Art der „Zuwendung“ zu den Patienten, vor allem aber ihrer Angehörigen, den Verlauf der jeweiligen Kommunikation bestimmt – und diese ist fast immer dringend verbesserungsbedürftig.

Unabhängig davon, aus welchem Anlass (z. B. einer psychischen Erkrankung) jemand massiv gewalttätig wird, haben solche Ereignisse immer noch andere Komponenten.

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Seit Februar bin ich auf Facebook – nachdem ich dies trotz Anraten wohlmeinender FreundInnen jahrelang verweigert habe. Der Anlass war meine Forschung zur Bürgernähe, weil ich dazu einerseits die Facebook-Seiten der Gemeinden prüfend beobachten wollte und ebenso auch die der lokalen politischen Parteien.

Andererseits kann ich jetzt oft die Präsenz –- und auch beruflichen Aktivitäten meiner Kinder (und FreundInnen) – sehen und brauche sie nicht zur Unzeit mit Anrufen zu stören.

Als Kulturforscherin bin ich – bekannte Un-Köchin mit familiärem Kochverbot (weil ich immer zwischendurch zwei Zimmer weiter ins Büro gehe und vergesse, dass was auf dem Herd köchelt) – sehr erstaunt, was ich da jetzt alles zu sehen bekomme: Wer es z.B. der Mühe wert findet, die Produkte der eigenen Kochkunst (oder was man dafür hält) mal lieblos, mal liebevoll auf „Essen & Trinken“-Niveau angerichtet, herzuzeigen. Oder wenn mich die Algorithmen mit ihren Kochrezepten zum Nachmachen motivieren wollen, staune ich über den massiven Kalorienreichtum, der dabei unterschwellig mitpropagiert wird. Als begeisterte Hobbybastlerin hingegen begrüße ich diese Anregungen … vor allem aber auch, wenn manche meiner Facebook-Befreundeten Bilder von ästhetisch hochwertigen Kunstwerken (es gibt ja auch andere) hochladen oder kluge Zeitungsartikel – das ist dann Bereicherung vom Feinsten und ich möchte mich hier dafür bedanken.

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Heute habe ich den Halbjahresbericht meiner heurigen Forschung abgeliefert. Ihr Titel lautet „Bürgernähe im Zeitalter der Diskriminierung“ und hat folgenden Ursprung: 2018 habe ich zu mit meinem Team dazu geforscht, wie die sogenannten Staatsverweigerer denken, planen und handeln, welche Methoden sie anwenden, welche historischen Vorläufer dazu existieren und wie man respektvoll mit diesen Menschen umgehen kann – denn, wie schon Blaise Pascal betonte, „was diesseits der Pyrenäen Wahrheit ist, ist jenseits Irrtum“. Dabei erkannten wir, dass die Konfrontationen mit „Wutbürgern“ vielfach nicht ernst genommen worden waren – oder aber auch insgeheim unterstützt wurden, weil man manche Initiativen für förderungswürdig eingeschätzt hatte.

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