Wenn etwas passiert wie der Brandanschlag auf Räume der FPÖ St. Pölten, beginnen wohl nicht nur die ermittelnde Polizeibeamtenschaft sondern auch Hobbydetektive nachzusinnen, wer wohl die Attentäter gewesen sein könnten. Dass sich in Wahlkampfzeiten dabei auch Phantasien aufdrängen, es könnte eine Selbstinszenierung als „Opfer“ gewesen sein, ist genauso eine kreative Gedankenleistung wie die Hypothese, eine andere Partei könne dahinter stecken oder, dritter Rösselsprung, genau diese könne es gewesen sein, die die Legende von der Selbstinszenierung aufgebracht hat … PsychoanalytikerInnen würden dazu sagen, dies alles sei „seelisches Material“ und sage daher Vieldeutiges über die Wünsche und Ängste derjenigen Person aus, die sich diesen Gedankenspielereien hingibt. Juristisch sind es Arbeitshypothesen, die man im Hinterkopf bewahrt – sie könnten sich wider Erwarten ja doch bewahrheiten.

Im Hinterkopf heißt: Nicht im Vorderkopf, dort, wo sich der Mund befindet.

Den sollte man halten solange man keine Beweise hat – oder man muss sprachlich klarstellen, dass man phantasiert. (Ich sage in solchen Fällen „Ich phantasiere“, oder „vermute“, oder „unterstelle“ – und manchmal protestiert dann mein jeweiliges gegenüber „Das ist aber eine Unterstellung!“ und ich antworte dann, „Sagte ich ja!“)

Im Konkreten Fall waren es wieder einmal Funktionäre der SPÖ Langenzersdorf, die schon in der Vergangenheit durch eigenwillige „Öffentlichkeitsarbeit“ aufgefallen ist (nämlich die Ortsgruppe, ob es dieselben Personen waren, weiß ich nicht). Dem Kurier vom 16. August entnehme ich, dass der offenbar identifizierte Urheber des Vermutungs-Postings von Landes- und Bezirkspartei bis nach der Nationalratswahl Funktionsverbot erhalten hat. Das finde ich nicht richtig.

Richtiger finde ich eine Sprachschulung – und nicht nur für ihn sondern für alle „Laien“, die Öffentlichkeitsarbeit zu ihrem „Hobby“ machen wollen. (Beim Schreiben dieses Satzes erinnere ich mich an meine ersten Schulungen bei den Wiener Jusos, bei den sich etliche Seminarteilnehmer – männlich – mit „Politik ist mein Hobby“ einführten.)

In einer Demokratie sollte es meiner Meinung nach keine Denkverbote geben und keine Maulkörbe, sondern eher Anleitungen zu klarer Sprache: So wie Fotomontagen ausgewiesen werden müssen und gelegentliche bereits Hinweise „Achtung Sartire!“ Volksverdummung vermeiden helfen, kann man das ja auch selbst – vorausgesetzt man ist nicht von Hass erfüllt und will konkret verletzen. Aber auch dann helfen Verbote nichts, sondern nur öffentliche Wiedergutmachung. Das Presserecht hat dazu eindeutige Regeln – und die sollten auch für das Internet gelten. Das möchte ich in den Wahlprogrammen wiederfinden!