Am Samstag, 17. August, gab es beim Familienfest der SPÖ Groß Enzersdorf ein „lustiges“ Dosenschießen, entnehme ich dem Kurier vom 19. August: Die Dosen waren nämlich mit den Gesichtern der MinisterInnen der letzten, türkis-blauen, von mir „Ozean-Regierung“ benannten Verwaltungsspitze beklebt.

Gab es so was nicht immer wieder im militärischen Bereich – Bilder von Gegnern zum Zielschießen?

Erklärt das, weshalb sich der niederösterreichischen SPÖ-Vorsitzende, gelernter Polizist, lachend neben dem Dosenturm ablichten ließ? Und die Aktion erst später nach Protesten als „keine besonders kluge“ abwiegelte?

Sie ist nicht nur nicht klug – sie ist leider bösartig, menschenfeindlich und kriegshetzerisch. Dagegen sind Egoshooter-Spiele direkt menschenfreundlich dagegen – denn dort sind es Figuren von „Bösen“, die aus der Eigenperspektive im dreidimensionalen Raum gejagt werden, keine realen Personen – so wie der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (1953–2019), der wegen seiner migrantenfreundlichen Haltung im Juni von einem Rechtsextremisten auf der Terrasse seines Hauses erschossen wurde.

Für das Gehirn des Schützen macht es keinen Unterschied, ob das Gesicht, auf das man schießt, ein lebendiges ist oder nur ein aufgemaltes: Es registriert die Eigenschaften und, soweit bekannt, den Namen und verbindet diese Erfahrung mit der gleichzeitigen des Schießens, der Erregung des Zielens, des Lachens und der Rahmenbedingung des Erlaubtseins. Je öfters diese komplexe Erfahrung wiederholt wird, desto stärker verankert sie sich im Verhaltensrepertoire – sofern nicht deutlich gegengesteuert wird, beispielsweise durch Fragen und „Zerreden“ der Lustgefühle.

Darüber hinaus wird aber auch Wirksamkeit geschaffen: Denn nicht nur mit der Handlung des Schießens wird etwas bewirkt – etwas Reales – sondern bereits mit der gedanklichen Ausrichtung auf die symbolisierte Zielperson. Energie folgt der Aufmerksamkeit – und je öfter, je intensiver in eine bestimmte Richtung gedacht wird, desto eher spürt das die Zielperson. Viele Menschen, denen ihre ursprüngliche Sensibilität nicht aberzogen wurde, kennen dies von erahnten Anrufen, von gespürten Annäherungen, Blicken aus dem Hintergrund etc. Aus diesem Grund finde ich es auch äußerst bedenklich, wenn man Personen per „Face App“ künstlich altern kann (Kurier, 19. Juli 2019, Seite 4) oder Fotographien verzerren, wie es seinerzeit einmal in einem Wiener Wahlkampf propagiert worden war.

Man schafft damit „Wirklichkeit“ – zumindest in der eigenen Geisteshaltung.