Seit Februar bin ich auf Facebook – nachdem ich dies trotz Anraten wohlmeinender FreundInnen jahrelang verweigert habe. Der Anlass war meine Forschung zur Bürgernähe, weil ich dazu einerseits die Facebook-Seiten der Gemeinden prüfend beobachten wollte und ebenso auch die der lokalen politischen Parteien.

Andererseits kann ich jetzt oft die Präsenz –- und auch beruflichen Aktivitäten meiner Kinder (und FreundInnen) – sehen und brauche sie nicht zur Unzeit mit Anrufen zu stören.

Als Kulturforscherin bin ich – bekannte Un-Köchin mit familiärem Kochverbot (weil ich immer zwischendurch zwei Zimmer weiter ins Büro gehe und vergesse, dass was auf dem Herd köchelt) – sehr erstaunt, was ich da jetzt alles zu sehen bekomme: Wer es z.B. der Mühe wert findet, die Produkte der eigenen Kochkunst (oder was man dafür hält) mal lieblos, mal liebevoll auf „Essen & Trinken“-Niveau angerichtet, herzuzeigen. Oder wenn mich die Algorithmen mit ihren Kochrezepten zum Nachmachen motivieren wollen, staune ich über den massiven Kalorienreichtum, der dabei unterschwellig mitpropagiert wird. Als begeisterte Hobbybastlerin hingegen begrüße ich diese Anregungen … vor allem aber auch, wenn manche meiner Facebook-Befreundeten Bilder von ästhetisch hochwertigen Kunstwerken (es gibt ja auch andere) hochladen oder kluge Zeitungsartikel – das ist dann Bereicherung vom Feinsten und ich möchte mich hier dafür bedanken.

Was ich aber arg finde sind die vielen untergriffigen, boshaften und seelisch verschmutzenden Postings von Polit-AktivistInnen, die permanent die Jubelnachrichten ihrer Parteigrößen, vor allem aber die Killer-Nachrichten über deren Mitbewerber verbreiten. Wenn jemand Selfies von sich mit seinem Star weiterleitet, finde ich das ganz ok – weil das ja was Persönliches ist, da denke ich, der oder die freut sich über die Nähe zum Idol. Auch wenn es um sachliche Informationen direkt von einem Mandatar oder einer Mandatarin handelt, die nicht ohnedies über die professionellen Medien bekannt gemacht wurden, bin ich interessiert – aber nicht an Bosheit, Hass und Verachtung, diese Impulse  gehören auf die psychotherapeutische Couch.

Leider ist sind es vor allem Anhänger der Partei, der ich viele Jahre meines Lebens als Funktionärin geschenkt habe, die mit der Verbreitung ihrer niedrigen Gesinnung glauben, ihren „Oberen“ zu dienen – und damit den Eindruck neutraler Beobachter verstärken, die zugehörigen Parteivorsitzenden hätten „ihre Partei nicht im Griff“ (Zitat einer Fachperson, die genau diesen Eindruck beklagt, weil sie am Coaching der betreffenden Führungs-Person mitarbeitet). Wenn man kritisieren will – und es gibt genug zu kritisieren – dann bitte mit Vernunft, d. h. mit Argumenten und Beweisen und wohldurchdachten Gegenvorschlägen und unter Einhaltung der Gesetze.

Der Hamburger Psychologieprofessor Friedemann Schulz von Thun betonte in seinen Grundsatzbüchern „Miteinander reden“ immer wieder: Wenn jemand etwas von sich gibt, gibt er etwas „von sich“. Wenn man „werben“ will, sollte das aber doch etwas salutogen (d. h. Gesundheit fördernd) Annehmbares sein?