Gestern geriet ich in ein Gespräch mit einem Rechtsanwalt (und Ex- Nationalratsabgeordneten), der sich über die geplante Mindeststraferhöhung für Vergewaltiger erregte: 2 Jahre Haft wäre doch unmenschlich. Für meine Hinweise auf die arge Gesundheitsschädigung war er uneinsichtig. Er hatte nur den Mann im Gefängnis im Blick.

Dann erging er sich über Freisprüche „in dubio pro reo“ (d. h. im Zweifelsfall für den Angeklagten), wenn es keine klare Beweislage gäbe. Genitale Verletzungen – wie in einem jüngsten Fall (s. mein Brief gegen Gewalt „Schulungsbedarf“ vom 28.01. s. www.haltgewalt.at) – werden nicht ernst genommen bzw. ignoriert, was nur zeigt, wie wenig Laien- oder Profirichterschaft von Anatomie weiß: Der Körper hat überall dort zarteste Haut, wo die schutzbedürftigsten Stellen sind – man braucht sich doch nur vorstellen, was passiert, wenn jemand anderer mit einem übergroßen Gegenstand in die Nase hineinstößt. Da sich aber eine große Anzahl von Männern mit der regelmäßigen „Action“, sprich Gewalt, in Pornofilmen identifiziert und dieses Verhalten als normal verteidigt (und Ehefrauen oft „um des Friedens willen“ schweigen und nur in der geschützten Therapie-Situation ihre Wahrheit zu sagen wagen), wissen sie das nicht und wollen es auch gar nicht wissen.

„Die Frau kann ja immer – haha!“

Jeder Hunde- oder Katzenbesitzer sollte wissen, dass Paarungsbereitschaft gewisse körperlich Voraussetzungen hat – und dass das wie auch das Gegenteil auch „kommuniziert“ wird. Männliche Tiere respektieren das auch. Menschenmänner haben oft den Kopf voll von Filmbildern und Filmtönen (und halten Wehgestön für Lustgestön).

Und: Täter brauchen nur zu behaupten, es wäre alles freiwillig abgelaufen und schon wird ihnen geglaubt.

„Selber schuld!
Als der Bankräuber aussagte, die Bank habe ihn durch ihr Geld zum Bankraub gereizt, wurde seine Strafe selbstverständlich von den beantragten 6 auf 4 Jahre vermindert.
Als er dann noch behauptete, die Bankangestellten hätten sich nicht gewehrt, setzte man die Strafe von 4 auf 2 Jahre herab (er konnte ja schließlich das stillschweigende Einverständnis der Angestellten voraussetzen).
Schließlich gab er noch an, er habe vor der Tat, früher, mehrmals mit der Bank verkehrt.
Da sprachen ihn die Richter frei.
Warum sollten sie hier auch anders verfahren als bei Vergewaltigungen?“

(Aus „Streit“, Heft 1 / 1983, zitiert nach G. Mörth, Schrei nach innen. Vergewaltigung und das Leben danach. Picus Verlag, Wien 1994.)

Zum Vergleich:
In Salzburg kam 2011 ein Bankräuber, der „nur“ € 460,– erbeutet hatte, mit 4 Jahren statt der Mindeststrafe von 5 Jahren davon!
(https://www.orf.at/news/stories/25183857).