Es gibt allseits gegenwärtige Schlagworte, die eigentlich die Realität verzerren. Dazu zähle ich Worte wie „Beziehungstaten“ – denn jede Interaktion zwischen Lebewesen beruht auf einer Beziehung, egal ob es sich um einen Blick handelt, einen Wortwechsel oder einen Angriff (letzteres fürs Erste wortwörtlich noch neutral gemeint). Selbst ein Diebstahl beruht auf einer Beziehung – der Dieb „bezieht“ sich auf sein Objekt und damit auch auf dessen Eigentümer oder Besitzer. Ohne Bezug – ohne Einschätzung, Planung (und sei sie noch so minimal bzw. routinemäßig), Durchführung samt mehr oder weniger Wachsamkeit und Kontrolle – geschieht nichts.

Was sei denn die „Ursache“ für „Beziehungsmorde“ wie den heutigen in Wien Meidling (https://wien.orf.at/news/stories/2964300/), fragte mich zu Mittag eine Journalistin und gab sich gleich selbst die Antwort: patriarchale Kulturen?, und meinte damit den bosnischen Täter … denn zu dieser Zeit wurde vermutet, dass die attackierte Serbin tot wäre, dabei war es aber er selbst. („Eifersucht“ ist auch so ein vielzitiertes Schlagwort – aber das bearbeite ich erst demnächst.)

Das Patriarchat sei nicht von vornherein als frauenfeindlich einzustufen, korrigierte ich die Suche nach dem „Schuldigen hinter dem Schuldigen“, denn Machtstrukturen wären nicht gleichzusetzen mit Machtmissbrauch.

Es geht auch gar nicht primär um Frauenfeindlichkeit – es geht um Missachtung von Schwächeren und die „lernt“ man in der Familie, in der Sozialisation, am Arbeitsplatz und in den Medien. („Lernen“ bedeutet in meiner Definition Bildung von Wahrnehmungs- und Handlungsnervenzellen im Gehirn, und das geschieht neuronal über „Ein-Bild-ung“ vgl. mein Buch „Lieben!“).

Ich sehe daher vor allem das (angeblich nur) von manchen Männern (und auch Frauen) aus den „heißen“ südlichen Ländern beanspruchte Recht auf Selbstjustiz: Körperstrafen bei Ungehorsam oder Beleidigung, Todesfolge im Risiko inbegriffen. Das Gewaltmonopol des Staates wird nicht respektiert und seine Repräsentanten, egal ob in Uniform, Talar oder Zivil, auch nicht – denn wer sich (privat) nicht zu Gewalt bekennt, gilt als Schwächling, und Schwächlinge braucht man in dieser Geisteshaltung weder zu achten noch zu beachten.

Dazu kommt noch etwas, was kaum bedacht wird, was ich aber oft genug von betroffenen Angehörigen zu hören bekommen habe: Diese Täter  sind mit ihren Herkunftsländern emotional eng verbunden und rechnen damit, bei Straffälligkeit schnell über unsere Landesgrenzen zu gelangen. Österreich ist klein, da ist man von jedem Bundesland schnell im Ausland – und irgendwo ist immer Familie. (Auch österreichische Mörder setzen sich sofort je nach Vertrautheit ins benachbarte Ausland – in meiner Wohngegend meist nach Ungarn oder in die Slowakei – ab.)

Ich plädiere daher, auf die Bezeichnung „Beziehungstat“ zu verzichten und schlicht und einfach das zu benennen, was es ist: eine Gewalttat (mit tödlichem Ausgang) oder ein (vermutlicher) Mordversuch (die Floskel von der Unschuldsvermutung eben drangehängt).