Während die Spesenrechnungen der Familie Strache im Scheinwerferlicht der Medienberichterstattung  glitzern – immerhin steht der möglicherweise ungerechtfertigte Vorwurf unrichtiger Abrechnungen im Raum und kann durch die Erhebungen falsifiziert oder verifiziert werden – scheint das Streiflicht auf Thomas Drozdas Porsche 911 nur ein Funserl, obwohl schon interessant wäre, wann und auf welche Weise er das Superauto erworben hat. Auch bei seiner Luxusuhr war das keine Frage, und das zu Unrecht aus dem Ministerium in die Parteizentrale transferierte Riesengemälde hatte er ja zurückerstattet.

Schönheitssinn ist immerhin eine Kulturleistung – und Politiker sollten da ja auch Vorbilder sein!

Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin sehr dafür, dass unsere Regierungsspitzen österreichische Produkte bewerben und gegebenenfalls auch gesponsert bekommen – bei ausländischen allerdings, finde ich, sollte sich das selbst bei EU-Geschwister-Produkten in Grenzen halten. Ich finde auch, dass jeder Mensch – frei nach Viktor Adlers Forderung nach Schönheit bei der Eröffnungsrede des Favoritner Arbeiterheims – ein Recht auf Schulung und Praktik des sogenannten ästhetischen Empfindens haben sollte, besonders diejenigen, die nicht das Glück hatten, in kulturbeflissenen Elternhäusern aufzuwachsen. (Diesem Ziel diente ja auch die Möglichkeit, sich Kunstwerke aus der Artothek für daheim ausleihen zu können … leider vergaßen halt einige s. o. diese zurück zu geben …) Kontrast: Es gab einmal einen Wiener Bürgermeister, der bekam von einem dankbaren „Freund“ einen weißen Jaguar (Automobil)  geschenkt – und weil ihm das peinlich war und er ihn nicht fahren wollte, weil er fand, das passe nicht zu seinem Ideal-Ich, gab er ihn als Dauerleihgabe an seinen Pressereferenten weiter.

Bedeutungsvoll erscheint mir die Motivation, die sich hinter der Imitation von Lebensstilen und deren Symbolen (Uhren, Schmuck, Kleidung, Autos, Speisen und Getränken, Lokalen und Urlaubsdestinationen – überhaupt “Styling“ insgesamt) verbirgt. Daran erkennt man, wer zu welcher Gesellschaft („Society“) gerne dazu gehören möchte (oder manchmal auch muss) … und ob er oder sie über sein Wunschmilieu überhaupt Bescheid weiß. Die „Oberen Zehntausend“ – oder auch nur Tausend – zeichnen sich ja eher durch Bescheidenheit und Zurückhaltung aus. Sie haben es nicht nötig, weil sie eine von klein auf sichere Identität besitzen. (Sie tun sich eher mit „angemessener“ Berufswahl und Erwerbstätigkeit schwer.)

Gesinnung zeigt sich für mich nicht in roten oder blauen Schals oder türkisen Anoraks – das sind höchstens Sympathiebeweise bzw. Anbiederungsversuche. Oder Inszenierungen für die Bildberichterstattung. Gesinnung zeigt sich dort, wo man darauf verzichtet, Status-Unterschiede auszuspielen oder zumindest mutig genug ist, zu erklären, weshalb sie einem wichtig sind. (Ich z.B. mag nicht mit „nur“ dem Namen meines verstorbenen Ehemannes angesprochen werden – und mein tschechischer  Geburtsname – mein Vater war Tscheche – passt nicht zu meinem „germanischen“ Vornamen; das einzige, was langzeitbiographisch mit mir selbst zu tun hat, ist mein Doktor-Grad; er unterscheidet mich auch von der ersten Ehefrau meines Mannes. Fazit: Ich möchte gerne als Individuum und in meiner Berufsqualifikation wahrgenommen werden und nicht als Teil von Beziehungen.)