Seit Beginn des heurigen Jahres versuche ich Dr. med. Reinhardt Brandstätter [Reinhardt Brandstätter – Wikipedia], der heuer am 25. September seinen 70. Geburtstag gefeiert hätte und dessen 40. Todestag sich am 17. April, dem Ostersonntag, jährt, die sichtbare Wertschätzung zukommen zu lassen, die diesem Pionier der Aids-Hilfe gebührt – ein Spießrutenlauf zwischen aktiven und ehemaligen Politiker:innen.

Als Mitbegründer und Aktivist der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien hatte Reinhardt, den ich bei seiner Arbeit aus vollem Herzen unterstützte, soweit es mir möglich war, schon früh Kenntnis über die bis dahin unbekannte Infektionskrankheit erlangt und sich nicht nur für seriöse Information, sondern vor allem für Prävention engagiert. Das war damals nicht leicht, denn viele „Kampfkatholiken“ sahen in der von ihnen so genannten „Schwulen-Seuche“ die wohlverdiente Strafe Gottes und ignorierten die Ansteckungen durch Spritzen, Bluttransfusionen, wie auch Sextourismus. Ich habe selbst in der – von mir und Kolleg:innen gegründeten – Ersten Wiener Sexualberatungsstelle Ehefrauen betreut, die von ihren Männern infiziert worden waren, teils, weil sie verseuchte Bluttransfusionen erhalten hatten, teils weil sie mit drogenabhängigen Prostituierten „fremdgegangen“ waren.

Es galt die Scham, die Wut, die Sensationsgier und die Überheblichkeit all derer zu überwinden, die beim Thema Aids durch Angst und Lüsternheit erregt wurden und diese Emotionen durch Hass und Verdammnis abreagierten.

Es war dem ruhigen und gelassenen Mediziner Brandstätter zu verdanken, dass vor allem Journalisten als Vermittler hilfreicher Information zur Vermeidung unbedachter Ansteckungen gewonnen werden konnten. Ich erinnere mich noch genau an ein Symposium im Presseklub Concordia, bei dem nicht nur Fachinformationen präsentiert und diskutiert wurden, sondern es vor allem auch Thema war, worauf die Mitarbeiterschaft in Print- wie auch audiovisuellen Medien bei Wortwahl und Bebilderung achten sollten, um Kranke und ihre Angehörigen nicht zu diskriminieren. Für mich, die damals regelmäßig in mehreren Medien mitarbeitete, war es total neu, wie hier ethische Blickwinkel und Entscheidungen vorgestellt wurden. Es hat meine eigene Medienarbeit inspiriert und befeuert.

Deswegen finde ich, dass der kleine Platz vor dem Aids-Hilfe-Haus am Gumpendorfer Gürtel den Namen Reinhardt Brandstätters tragen sollte (oder zumindest eine Gedenktafel), denn sein Wirken ist durchaus mit dem von Ignaz Semmelweis zu vergleichen. Und wenn es eine ebenso einzeln hervorragende Person gegeben hätte, die sich seit 2020 genauso kompetent und intensiv gegen die Corona-Pandemie engagiert hätte, hätte deren Eindringlichkeit vielleicht die unwürdigen Impfstreitigkeiten hintangehalten.

Die Wiener Politiker, bei denen ich bisher vorstellig wurde, haben mein Bemühen zwar gelobt (und weiterdelegiert), aber bislang weiß ich von keinem offiziellen Antrag in der Bezirksvorstehung von Mariahilf; ich konnte ihnen aber bedingt durch meine erst Anfang April überwundene Covid-19-Erkrankung (mit Stimmverlust) auch nicht tagtäglich so „auf die Pelle rücken“, wie es möglicherweise nötig gewesen wäre, um diese zu aktivieren. (Aus den 15 Jahren, die ich Bezirksrätin in Wien-Favoriten war, weiß ich, dass dies nötig ist, wenn man erfolgreich sein will – und nehme an, dass sich seither nicht viel geändert hat.)

Und vielleicht findet sich doch ein Journalist oder eine Journalistin, der bzw. die Reinhardt Brandstätter anlässlich seiner biographischen Gedenktage der Vergessenheit entreißt?