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Selbstgerechtigkeit?
Es gibt wenige Menschen, die nicht der Meinung sind, „ihnen könnte so was nie passieren“ – beispielsweise zum Mörder, zur Mörderin zu werden.
Vor Gericht heißt das dann „Ich kann mir nicht erklären, wieso mir das passiert ist …“.
Diese passive Sprachform zeigt dann, dass das eigene Verhalten als „Ich-fremd“ erlebt wird.
Im Mittelalter war man der Meinung, ein Dämon wäre in einen eingefahren oder man wäre verhext worden – und meist richtete sich gleich ein Verdacht auf irgend einen Sündenbock bzw. eine Sündenziege, irgendjemand, für den oder die man ohnedies insgeheim feindliche Gefühle hegte, die man aber von sich weg auf diese Person verschob. Manchmal tauchen dann aber doch Schuldgefühle auf. Wir Angehörige seelsorgerischer Berufe kennen das – und wir wissen, wie wichtig es ist, denjenigen, die dazu bereit sind, die Qual der Reue auf sich zu nehmen, beizustehen – und wie anstrengend.
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„Psychische Probleme“
Zehn Tote und dreißig Verletzte bei einem Brand in einem achtstöckigen Wohnhaus in Paris, lese ich auf https://orf.at/stories/3110371/ , und, die Polizei gehe von einem kriminellen Hintergrund aus, und: Eine Frau sei festgenommen worden. Und: Diese solle laut einem französischen TV-Sender an psychischen Problemen gelitten haben.
Menschen neigen dazu, für alles möglichst schnell die dazu gehörige Ursache zu erfahren – das hilft der Angstabwehr. Dann weiß man, wer schuld ist, wer bestraft werden muss oder von wem man Schadenersatz verlangen kann, und oft geht auch die Phantasie mit einem durch. So titelt orf.online auch gleich „Feuer gelegt?“ – und formt mit der Überschrift bereits die seelisch-geistige Verbrecherjagd bei all denjenigen, die nicht sprachkritisch mitdenken und liefert auch gleich eine Verdächtige samt Motiv: psychische Probleme.
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Der Karl Valentin Preis und Gabalier …
Sabine Rinberger, die Direktorin des Karl Valentin Musäums (sic!), ist ebenso empört über die Verleihung des Karl-Valentin-Ordens an Andreas Gabalier wie Erben-Vertreter Gunter Fette, „Nachlassverwalter der Münchner Komikerfamilie“ (wörtlich Ronald Pohl auf https://derstandard.at/2000097281051/Karl-Valentin-Orden-fuer-Andreas-Gabalier-Ein-schlechter-Witz) – ich hätte halt formuliert „Familie des Komikers“ – aber vielleicht war es Absicht? (Und war Valentin Komiker? Was für eine unzulängliche Namensgebung! Ich sehe ihn jedenfalls nicht so – für mich ist er viel mehr, wenn ich aktuell in meiner Bibliothek die „Valentiniaden“, Hugendubel Verlag 1940, oder „Die Raubritter von München. Szenen und Dialoge“, dtv 1963, nachlese. Kurt Tucholsky nannte ihn „Linksdenker“.)
Erinnern wir uns: Mit dem kommunikationswissenschaftlichen Axiom „Der Empfänger definiert die Botschaft“ (siehe mein „Brief“ Nr. 91 / nachzulesen auf www.haltgewalt.at) hatte der damals noch designierte Tiroler SPÖ-Vorsitzende Georg Dornauer versucht, die Verantwortung für seine sexistischen Sager an sein Publikum abzuschieben – allerdings war seine Aussage eindeutig. Bei Andreas Gabalier bin ich mir da nicht so sicher … immerhin gehört er (zumindest für mich) zu den Künstlern, die in Maskerade auftreten.
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Geheime Botschaften
Wertschätzung kann man räumlich ausdrücken – beispielweise dadurch, dass man jemand eine Sitzgelegenheit anbietet, aus dem er, besonders aber sie, nur schwer herauskommt. Oder indem man ihr im Restaurant ein „Katzentischerl“ im hintersten Eck „zuweist“ (wie es mir einmal in Innsbruck im Hotel – der Name sei wohlwollenderweise verschwiegen, obwohl es dort auch bei der Abrechnung ein eklatantes „Missverständnis“ gab, es wurde nämlich bei der Abreise verrechnet, was von meinem Auftraggeber bereits bezahlt war), vermutlich, weil ich, wie immer, weder Protz-Gewand noch Schmuck trug. Auch bei offiziellen Anlässen zeigt die Sitzordnung, wen man – abgesehen von protokollarischen Vorgaben – für wie wichtig oder wertvoll hält.
Wertschätzung beweist man umgekehrt schon allein mit Anwesenheit (und wohin Nicht-eingeladen-worden-sein führen kann, zeigt das Märchen vom „Dornröschen“).
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Schulungsbedarf
„Mangels Schuldbeweises“ wurde ein Türke vom Vorwurf des „sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person“ (so die Anklage) freigesprochen, ist in den heutigen Salzburger Nachrichten „Aus Stadt und Land“, Seite 5, zu lesen: Er hatte sich mit der Behauptung verteidigt, die Frau seines Arbeitskollegen, in dessen Wohnung nach einer Betriebsfeier weitergefeiert worden und der kurz Zigaretten holen gegangen war, und die unter dem Einfluss von Cannabis und Ecstasy stand, sei „total hemmungslos gewesen“ und habe Sex gewollt.
Manchmal frage ich mich, wie die Richterschaft – eine Berufsrichterin und zwei Schöffen – urteilen würde, wenn solche sexuellen Miss-Handlungen ihre Töchter betreffen würden? Würden sie dann auch ignorieren, dass jemand, der / die unter Drogen steht, nicht bei vollem Bewusstsein und entscheidungsfähig ist? Und wenn, wie in diesem Fall s. Zeitungsbericht, auch genitale Verletzungen vorlagen?
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Realitätsverleugnung?
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig schlägt ein totales Waffenverbot vor — nicht nur auf bestimmten Plätzen sondern in der gesamten Bundeshauptstadt (https://www.orf.at/news/stories/2958598/) . Klingt auf den ersten Blick populär, auf dem zweiten populistisch und auf dem dritten unrealistisch.
Die einzige Waffe, die man nicht verbieten kann, ist das Gehirn: Seine Kreativität findet und erfindet ununterbrochen neue Mordwerkzeuge – vom Seidenschal bis zum Auto, von der Feile (Kaiserin Sisi!) bis zu den Händen („Schubs“ in den Donaukanal) und bis zum Gift auf der Türschnalle. Und Sprenganleitungen kann man sich mittlerweile im Internet herunterladen.
Als er noch (christlich-konservativer) Europa-Abgeordneter war, erklärte Karl Habsburg, dass Waffenverbote logischerweise Enteignungen nach sich ziehen müssten (OTS vom 2. September 1998) und daher nur mehr Personen mit Verbrechensabsichten insgeheim Waffen besitzen würden. Ich stelle mir dazu vor, dass die Waffenindustrie immer raffiniertere und kleinere Waffen auf den (internationalen) Markt bringen würde. Ist ja ein Riesengeschäft – wie von der Verhinderungs-Macht der US-Waffenlobby bekannt sein sollte.
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Keine Leistungsträger?
Unter „Unfaire Förderung von Teilzeit“ berichtet der KURIER vom 13.01. (Seite 11) davon, dass der „angebliche“ Sozialsprecher (angeblich, weil ich seine Aussage nicht als sozial erlebe) der Neos, Gerald Loacker, meint, steuerliche Entlastungen sollten „zielgerichtet“ nur „die Leistungsträger, also die Einkommen zwischen 2500 und 4500 Euro brutto, treffen“. Denn: „Wir haben jetzt schon das Problem, dass die abgestuften Arbeitslosenversicherungsbeiträge dazu führen, dass jemand mit zwei 1000 Euro-Teilzeitjobs in einem Jahr 840 Euro weniger an Sozialversicherungsbeiträgen bezahlen muss, als wenn er einen Vollzeitjob mit 2000 Euro ausübt. Er oder sie wird in dieser Hinsicht deutlich bevorzugt.“, und dies sei eine „unkluge und unfaire Förderung von Teilzeitbeschäftigungen“.
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Christliche Nächstenliebe?
In den „dunklen Zeiten“ der Geschichte der röm. kath. Kirche war es üblich, Personen, die einem persönlich im Wege standen, die eigene Weltsicht in Frage stellten oder allerlei Begehrlichkeiten erweckten, bei der Obrigkeit anzuschwärzen. Im Zuge der Hexenverfolgungen sollen etwa drei Millionen Menschen der Prozess gemacht und zwischen 40.000 und 60.000 Betroffene gefoltert und hingerichtet worden sein.
Dass vermutlich hasserfüllte (oder um eigene Rechtfertigung bemühte) Menschen zu dieser Art von „Verfolgung“ – d. h. Schuldige an den Pranger zu stellen – neigen, besonders wenn sie ihre Ziele nicht auf andere Weise erreichen können, und sich dabei ganz im Recht fühlen, kann man gegenwärtig am Umgang des Domkapitels der Diözese Gurk / Klagenfurt mit seinem Ex-Bischof beobachten. Die Salzburger Nachrichten (12.01.2019, Seite 11) schreiben: „Es geht um Misswirtschaft, Begünstigung, Untreue – und um die Gerüchte um die Beziehung zu einer Frau und Mitarbeiterin“.
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Sprachmüll
„Der Verstand ist dem Menschen gegeben, damit er ihn benutzt.“, erinnerte der berühmte britische Philosoph John Stuart Mill (1806–1873) in „On Liberty“(„Über die Freiheit“, S. 31). Vor allem sollte man ihn benutzen, wenn man spricht. Reden ist keine Routinearbeit. Schauspieler übern wochenlang um den „richtigen Ton“ zu treffen – und aufmerksame Kleinkinder üben ebenso, die richtige Aussprache zu beherrschen. Das setzt allerdings voraus, dass sie Bezugspersonen haben, die selbst nicht nur Dialekt sprechen und auch den Mut und die Liebe besitzen, Fehlaussprachen freundlich (!) zu korrigieren. Wenn man Kinder ordinär anbrüllt, lernen sie nur ordinär zu brüllen.
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Übergriffe
Da fand ich doch gestern im Kurier unter den Bildern des Jahres eines, wo EU-Kommissionspräsident Juncker sich von hinten herabbeugend einem vor ihm sitzenden Mann beidhändig in die Haare fährt – Untertitel: „EU-Präsident Juncker hatte es lustig mit sich“ (KURIER, 30.12.2018, S. 29). Ein Wiederholungstäter? Am 17. Dezember war die Vizeprotokoll-Leiterin der EU Ziel seiner „lustigen“ Attacke – er verwirbelte ihre langen blonden Haare (https://diepresse.com/home/ausland/eu/5547606/JeanClaude-Juncker-wuschelt-EUBeamtin-die-Haare). Also ein Haarfetischist? Wohl auch nicht, denn wie auf den Videos der Presse zu sehen, klopft er auch einmal dem damaligen Bundeskanzler Faymann mit einer zusammengelegten Zeitung auf den Kopf … Also ein Kopfjäger? Aber vielleicht will er damit nur demonstrieren, dass die EU keine Grenzen kennt … (auch lustig gemeint).
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