Briefe gegen Gewalt

Halt! Gewalt!

Logischerweise erfüllt es eine/n mit Nationalstolz, wenn ein österreichischer Schauspieler in Oscar-Nähe rückt, und aktuell: Peter Simonischek ist ein wunderbarer Mime.

Dennoch halte ich meine Kritik an der „Tragikkomödie“ „Toni Erdmann“ – wie auch in meinem Buch „Heilkraft Humor“ — aufrecht. Schon der Wortteil „Tragik“ lässt ahnen, dass es gar nicht lustig zugeht. Und der Wortteil „Komödie“ weist darauf hin, dass irgendwelche Leute veräppelt werden – im Gegensatz zu einem Lustspiel, wo es „lustig“ zugeht, wenn „gespielt“ wird.

Andere Personen mit selbstdefiniertem Humor zu bedrängen, wie es die Titelfigur Herr Erdmann im Film nicht lassen kann, ist nicht humorvoll sondern ziemlich gewalttätig.

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Halt! Gewalt!

Es gibt sie nicht nur in der hohen Politik – aber Politik ist es immer, wenn jemand angepatzt werden soll.

Von Carl von Clausewitz (1780–1831) stammt der Satz, Krieg sei Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln – man kann den Satz aber auch umdrehen: Politik kann zu Krieg mit anderen Mittel ausufern, dann nämlich, wenn  man jemand anderen schwächen oder vernichten will. Manche Menschen sind sehr erfinderisch, wenn es gilt, jemand anderem fundamental zu schaden – denken wir nur an Jago, der sich listig ein Taschentüchlein Desdemonas erschleicht, um ihren Gatten Othello in Eifersuchtsraserei und Gattenmord zu hetzen. Oder denken wir an den boshaften Basilio in Rossinis „Barbier von Sevilla“, der sein Expertenwissen kundtut indem er singt „Die Verleumdung, sie ist ein Lüftchen … kaum vernehmbar im Entstehen …immer näher, immer näher kommt es her …“ bis es stark wird „wie das Brüllen von Kanonen“ mit dem schlussendlichen Effekt: „… und der Arme muss verzagen, den Verleumdung hat geschlagen – schuldlos geht er dann ermattet als ein Ehrenmann zu Grund …“

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Halt! Gewalt!

Möglicherweise wird es das Unwort des Jahres 2017: „Kompromat“ – die Kurzfassung für „kompromittierendes Material“.

Aufgetaucht ist es im Zusammenhang mit der Nachricht, der sowjetische Geheimdienst besäße Filmaufnahmen von Donald Trump „in action“ bei einer Sexorgie. Als ob ihm so was schaden würde … da hat es doch schon viel Peinlicheres gegeben! Denn selbst im prüden Nordamerika imponiert es dem „kleinen Mann auf der Straße“, wenn sich seine Identifikationsfigur „was traut“, was er selbst erträumt – und wenn sich seine Ehefrau darüber aufregt, wird sie einfach als altmodisch oder verzopft abgekanzelt.

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Halt! Gewalt!

In dem italienischen Kultfilm „La Strada“ von Federico Fellini aus dem Jahr 1954 spielt seine Ehefrau Giulietta Masina die kindlich-naive Gelsomina, die als Ersatz für seine verstorbene Frau dem Publikum als quasi Adjutantin den Kettensprenger Zampano, gespielt von Anthony Quinn, anzukündigen hat: „Jetzt kommt der große Zampano!“ Mehr darf sie nicht – und schlecht behandelt wird sie überdies.

Auch wenn dieses erschütternde Melodram wie viel Filme des italienischen Verismo heute kaum mehr gespielt wird, hat sich der Name Zampano trotzdem verselbständigt.

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Halt! Gewalt!

Dass es im Sportbereich nicht gerade zimperlich zugeht, kann als wohlbekannt vorausgesetzt werden. Ob Disziplin und Härte jedoch die einzigen, vor allem aber auch die richtigen pädagogischen Herangehensweisen darstellen, um zögerliche Kinder oder Jugendliche zu motivieren, Bedenken, Scheu oder Angst zu überwinden, kann aus salutogener – d. h. der Gesundheitsförderung verpflichteter – Sicht heftig kritisiert werden.

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Halt! Gewalt!

Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin für die Trennung von Kirche und Staat.

Und ich bin für das Menschenrecht der Religionsfreiheit, was auch das Recht auf Freiheit von jeglicher Religion bedeutet. Religion oder Nichtreligion ist Privatsache – und soll das auch sein. Sie ist damit aber auch Bestandteil von Selbstbestimmung, spiritueller Gesundheit und Selbstachtung.

Nun schlägt der „Integrationsexperte und Regierungsberater“ Heinz Faßmann (studierter Geograph und Wirtschaftshistoriker und derzeit Vizerektor der Universität Wien) ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst vor (www.orf.at/#/stories/2373908/) – das Kreuz in den Klassenzimmern sieht er hingegen „historisch“ gewachsen“, das darf bleiben, sagt er. (Ich denke: Ohne das seinerzeitige Morgengebet hat es seine Funktion verloren.)

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Halt! Gewalt!

Von Paracelsus stammt der Hinweis, dass die Dosis das Gift ausmacht.
Auch zuviel politische Korrektheitsforderungen können vergiften.

Das neue Jahr beginnt mit der Erregung darüber, dass bei der Kölner Polizei die Verkürzung „Nafri“ für Nordafrikaner gebräuchlich sei. Auf Befragen philosophierte Rafael Behr, Professor an der Hamburger Polizeiakademie, es wäre in der Polizeikultur üblich, der Öffentlichkeit verborgene Abkürzungen zu verwenden, und das „i“ am Schluss könne für „Intensivtäter“ stehen. Eine mögliche Stigmatisierung wäre dabei nicht auszuschließen, so der Polizeiwissenschaftler. (Der Standard, 3. 1. 2017, S. 6)

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Halt! Gewalt!

Gewalt besteht nicht nur im physischen, psychischen, sexuellen, verbalen, finanziellen oder strukturellen feindlichen Agieren, sondern schädigt ebenso wie Ignorieren oder Unterlassen. All das löst Stress oder gar Hochstress aus und diese Stresshormonausschüttungen bleiben im Organismus, sofern sie nicht aus-gedrückt werden: durch Wehrkraft oder Flucht, Kunst oder Sprache. Spontanes Totstellen – Schockstarre – hilft zwar bei Käfern, nicht aber bei Menschen: Die Energie, die im Körper zum Kämpfen / Verteidigen aufgebaut wird, verfestigt sich dann im Inneren und kommt in Symptomen zum Ausdruck, ausgenommen hat man hat sich bewusst in den absolut passiven Zustand begeben und sich selbst im „inneren Dialog“ rehabilitiert.

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Halt! Gewalt!

In Brüssel haben eine 31jährige Mutter und ihr 21jähriger Partner ihren 6jährigen Buben 15 Stunden – von 5 h früh bis 20 h abends – bei eiskaltem Wetter auf dem Balkon ausgesperrt, lese ich soeben in orf online. Der Knabe war bereits ohnmächtig, unterkühlt, unterernährt und in Lebensgefahr. Dennoch wurden beide nur wegen Folter angezeigt, hieß es da, aber allein der Mann sei geständig.

Ich überlege: Viele Menschen sehen es als zulässige Form von Strafe an, „ungehorsame“ oder „nervende“ Kinder auszusperren. Sie verstehen nicht, dass das Folter sein soll. Bei Folter denken sie an Filmszenen von Marterpfahl und Bastonade (das Dauerschlagen der Fußsohlen mit dünnen Gerten), vielleicht noch an Waterboarding (simuliertes Ertränken) – aber sie denken nicht an Nahrungsentzug oder das Aussetzen in enormer Hitze oder Kälte, vor allem aber Einsamkeit. Isolation. „Niemand reagiert auf dich.“ und „Niemand wird dir helfen!“

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Halt! Gewalt!

Wir leben in einer dualen Welt – in einer Welt, die wir in Abgrenzungen und Gegensätzen wahrnehmen. Der Sündenfall – Sünde von sondern, absondern – besteht im Herausfallen aus der paradiesischen Einheit. Die kann man Gott nennen oder auch Mutterleib oder auch Mutter Erde, aus der in der poetischen Sprache des Ersten Testaments JHWH den Menschen formt und in die unser aller Körper in unterschiedlicher Form zurück sinken, egal ob in einer Erd-, Feuer- oder Wasserbestattung.

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