Presseaussendung | März 2009

Die heutige Aussendung steht ganz im Zeichen von „Gewaltprävention im schulischen Bereich“ – hier unsere Themenpunkte:

Aktivitätshinweis

Einladung zum Symposium „DIALOG mACHT SCHULE“
20.03.2009, 17:00 Uhr in Wien

Nachgefragt

Hofrat Hermann Helm
Präsident des NÖ Landesschulrats

Lehrgang an der Donauuniversität Krems

„PROvokativpädagogik“ – auch zweiter Lehrgang ausgebucht!
Erfolgreicher Start war am 6.03.2009

Kommentar

Dialog sollte wirklich „Schule machen“… auch außerhalb

Buchtipp

„Feindbild Lehrer?“

Dialog Macht Schule

DIALOG MACHT SCHULE

Freitag, 20.03.2009 | 17.00–20.15 Uhr

im Festsaal der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
1010 Wien | Schenkenstrasse 4

Gewaltprävention
Wie kann durch ein dialogisches Miteinander der (schulischen) Gewalt begegnet werden?

Erfahrungen und Perspektiven mit dem Dialog-Modell
Das erste EU-Projekt zur Dialogischen Kommunikation.

Eröffnung

Fritz Neugebauer
2. Präsident des Nationalrats

„Einer hat immer Unrecht …“

Die Schule auf dem Weg vom Gegenüber zur Begegnung
Erwin Rauscher
Rektor der Pädagogischen Hochschule NÖ

„Der Dialog im europäischen Rahmen“

Heidemarie Wünsche Pietzka
Direktorin Dialogue Institute Transnational, Chemnitz

„Dialog als schulisches Führungsinstrument“

Erfahrungen aus der Praxis – eine Feldstudie
Michael Benesch
Geschäftsführer der Benesch & Mittermayr GmbH Unternehmensberatung

Pause mit kleinem Buffet

Podiumsdialog mit Publikumsbeteiligung

Am Podium neben den Referent*innen
Rotraud A. Perner
Christine Gubitzer
Ilse Ennsfellner

Gewalt im schulischen Bereich

Nachgefragt bei
Hofrat Hermann Helm, Präsident des NÖ Landesschulrats

Gewalt im schulischen Bereich: Was tut der NÖ Landesschulrat zur Prävention, wo in Ihrem Haus erhält man zu diesem Thema Auskunft, Unterstützung, konkrete Hilfe?

Im Erlass Präs.-560/0017-2008 des Landesschulrates für Niederösterreich wurden die Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I aufgefordert, für das Schuljahr 08/09 ein Projekt zum Thema Gewaltprävention in die Jahresplanung aufzunehmen. Dazu hat die NÖ Schulpsychologie Hilfestellungen und eine umfassende Liste von Präventionsprojekten erarbeitet. Diese können auf der Homepage des LSR für NÖ abgerufen werden.

Die NÖ Schulpsychologie erteilt Auskünfte an jeder Schulpsychologischen Beratungsstelle (Mo, Di, Do 10–14 Uhr, Mi 10–16 Uhr, Tel. Nr. 02742/280-3333).

Es gibt offenbar viele Lehrkräfte die mit eskalierenden Situationen konfrontiert sind und scheinbar keine Möglichkeit sehen damit optimal umzugehen, was raten Sie diesen Pädagogen?

Ziel der Präventionsarbeit ist es, die eskalierenden Situationen erst gar nicht entstehen zu lassen und LehrerInnen, die Präventionsprojekte und Präventions-Programme an ihren Schulen durchführen, berichten von den Erfolgen. Hilfestellung erhalten die LehrerInnen jedoch seitens der Schulpsychologie, der speziell ausgebildeten BeratungslehrerInnen, der SchülerberaterInnen sowie durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen, die im Bereich Gewaltprävention verstärkt angeboten werden.

Sind konkrete zusätzliche Untersützungsmaßnahmen für Lehrkräfte geplant?

Das Angebot der NÖ Schulpsychologie im Sinne der LehrerInnenfortbildung wird durch Impulstage im Bereich des Sozialen Lernens sowie der verstärkten LehrerInnenfortbildung im Rahmen von pädagogischen Konferenzen, pädagogischen Tagungen, Vorträgen usw. verstärkt. Zusätzlich wird derzeit die LehrerInnenfortbildung im Bereich der BeratungslehrerInnenausbildung erweitert.

Von wo/wem würden Sie sich noch Unterstützung zu diesem Thema erwarten, bzw. wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Wir sehen in der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, z.B. der Jugendwohlfahrt, ebenfalls große Chancen, Kindern und Jugendlichen bei Problemen gezielt zu helfen. Auch in der verstärkten Elternberatung liegt noch ein großes Handlungsspektrum.

Ihre Meinung zur aktuellen Diskussion um die Ausweitung der Unterrichtszeit. Wie sinnvoll ist diese Diskussion wirklich?

Die Ausweitung der Unterrichtszeit in Form von Umschichtungen innerhalb der Jahresarbeitszeit (Unterricht, Vorbereitung/Nachbereitung/Korrektur, sonstige pädagogisch administrative Tätigkeiten) ist nur durch ein Gesamtkonzept zu lösen.

PROvokativpädagogik

Lehrgang an der Donauuniversität Krems

Nach dem überaus erfolgreichen Start des 1. Lehrgangs und der großen Nachfrage, startete nun schon der 2. Lehrgang:

PROvokativpädagogik ist ein von

  • Rotraud A. Perner geprägter Neologismus, der auf Basis tiefenpsychologischen Wissens,
  • der Psychoanalytischen Sozialtherapie nach Harald Picker / Max Kompein / Klaus Rückert, des Dialogischen Prinzips (Martin Buber),
  • des Personzentrierten Ansatzes (Carl R. Rogers) und systemischer Sichtweisen (Bateson, Maturana, Watzlawick),
  • Techniken der Provokativen Therapie (Frank Farelly), mit
  • Paradoxen Interventionen (Johann Nestroy, Egon Friedell, Bernhard Ludwig)

verbindet und für den Unterricht nutzbar macht.

Ausgehend von Perners empirisch-hermeneutischen Erhebungen zum Stress von Lehrkräften (veröffentlicht unter „Mut zum Unterricht“, aaptos Verlag 2007) sowie ihren jahrelangen Erfahrungen aus ihren Lehrveranstaltungen „Didaktik der Gewaltprävention unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterdifferenz“ am Zentrum für die Schulpraktische Ausbildung/Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Wien zeigte sich deutlich der Mangel wie auch die Notwendigkeit einer „Technik“, in gewaltträchtigen Unterrichtsituationen „anders als erwartet“ zu reagieren – denn: „Verhaltensoriginelle Schüler/innen brauchen verhaltensoriginelle Lehrer/innen“ (R. A. Perner).

„Anders als erwartet“ bedeutet, darauf zu achten, nicht die wohlvertrauten Neurosignaturen spontaner Reaktionsweisen auszulösen, die meist von medialen oder häuslichen Vorbildern an Gewalt – physischer, psychischer, verbaler Gewalt sowie subtiler oder manifester Diskriminierung – stammen. Durch gezielten Einsatz verbaler wie nonverbaler Veränderungen in den Reaktionsmustern sollen provokante Äußerungen von Schülerinnen und Schülern sowie auch Personen, die sozialpädagogisch betreut werden,

  • in humorvoller Weise
  • schnell
  • spontan
  • wertschätzend
  • deeskalierend

und damit für alle Beteiligten gesundheitsfördernd beantwortet werden können.

Neben der Entschlüsselung und Einübung der Struktur PROvokativer Interventionen wird vor allem der gesellschaftlichen Konstruktion von Außenseitern (Norbert Elias, Michel Foucault, Richard Sennett, Ivan Illich, Udo Rauchfleisch) sowie der Vorurteils-, Klischee- und Identitätsbildung breiter Raum gegeben.

Veranstalter
Department für Interaktive Medien und Bildungstechnologien an der Donau-Universität Krems in Zusammenarbeit mit dem Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese ISS

Ort: Donau-Universität Krems
Aktueller Start: 06.03.2009

Dialog sollte wirklich Schule machen… auch außerhalb

Kommentar von
Karin Eder, Dipl.Mediatorin

Eine erschreckend große Anzahl an Lehrkräften gab im Rahmen einer brandneuen, noch nicht veröffentlichten Studie, durchgeführt von der Benesch & Mittermayr GmbH als Österreichpartner des EU Projekts „Dialogue – The Creative Communication“ an, dass sie ein massives gewaltbesetztes Kommunikationsproblem in Lehrer-Schülergesprächen wahrnehmen und „schlecht reden“, Beleidigungen und Beschimpfungen selbst erlebt haben und dieses als massive Gewalt empfinden! Verbale Gewalt wird als genauso gewalttätig empfunden (92 %), als direkte körperliche Gewalt (94%). – Kennen wir das nicht alle? Wie weh tun Beleidigungen oder schlechtes hinter dem Rücken Reden?

Miteinander reden, in Dialog treten, ist ein Ausweg, jedoch liegt hier das Problem: ein tatsächliches miteinander reden – verstehen & verstanden werden, scheint nicht möglich zu sein. Denn wie die Studie zeigt, das Führen eines Dialoggesprächs muss auch erst erlernt werden.

Und so wie die langjährig auf dem Gebiet der Gewaltprävention forschende Univ.Prof. Dr. Rotraud A. Perner so oft sagt: „… wir lernen an Vorbildern und Modellen …“, ist es auch hier. Doch wo sind die Vorbilder? Wenn die Bildungsministerin etwa sagt, dass Sie mit ihrem jüngsten „Vorstoß“ Mut bewiesen habe, weil bei Verhandlungen eh nichts herausgekommen wäre, dann ist das zwar wirklich mutig im Sinne dieses Verhalten als vorbildhaft zu deklarieren, beweist aber zugleich den Unmut, die Mutlosigkeit zum Dialog. Und genau da sind wir wieder beim Punkt: schulisch & außerschulisch: Es geht einerseits um Inhalte, aber andererseits auch um den Transport dieser! „Der Ton macht die Musik …“, oder? Und dass sich Kinder/Jugendliche immer mehr im Ton vergreifen, den Dialog ablehnen, damit verbal gewalttätig sind und mit „Vorstößen“ versuchen ans Ziel zu kommen, machen wir (die ganze Gesellschaft) ihnen tagtäglich vor.

Diese Gewaltbereitschaft sehen wir bei den anderen, es ist sehr schwer das auch bei sich selbst zu sehen … bei der Wahrnehmung beginnt die Prävention, im Dialog wird sie umgesetzt.

Feindbild Lehrer?

Buchtipp

Feindbild Lehrer?

5. Symposium
Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese

Früher gab es ein oder zwei Störenfriede in den Klassen, zeigen PflichtschullehreInnen auf, heute sind es die Hälfte oder gar zwei Drittel der Schülerschaft. Und: Das sprachliche Klima verroht – auch gegenüber den Lehrkräften, und viele Eltern greifen genau so zu verbalen Attacken, um ihre Wünsche hinsichtlich des Schulerfolgs ihrer Kinder durchzusetzen.

In einer empirischen Erhebung und zahlreichen Workshops zur dialogischen Erforschung der Formen von Gewalt im schulischen Alltag jenseits der Raufereien unter Schülern konnte festgestellt werden, dass nicht nur die Qualität von Gewalt, sondern auch deren Quantität zugenommen hat. Die Schüler von heute sind nicht mehr die Schüler von gestern – sie spielen vielfach das Verhalten von Dschungelkämpfern nach. Darauf müssen sich aber nicht nur Lehrkräfte einstellen und Eltern, sondern auch alle anderen, die mit ihrem verhalten Vorbild und Korrektiv sein können.

Gewalt in der Schule wird üblicherweise als Rauferei innerhalb der Schülerschaft verstanden; kommen Messer zum Einsatz oder werden andere Waffen in die Schule mitgenommen, werden gar Lehrkräfte attackiert, reagiert die Öffentlichkeit entsetzt und ruft nach Erziehungscamps und Straflagern. Damit wird aber ein Klima der Gewalt weiterverstärkt.

Anhand einer Studie mit Lehrkräften aber auch Eltern wurde 2008 vom Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese (ISS) unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Rotraud A. Perner der umgekehrte Blickwinkel angelegt: wie sehen Erwachsene sich selbst im Umfeld zunehmender Gewalt? Und welchen Einfluss haben audiovisuelle Medien?

Rotraud A. Perner (Hg.)
Feindbild Lehrer?
aaptos Verlag / Wien 2009 160 Seiten / 13,20 €
ISBN; 978-3-901499-15-9