Unter NLP – der Abkürzung für Neuro-Linguistisches-Programmieren – versteht man eine besondere Sprachkompetenz, durch gezielte Wortwahl geistige Bilder, körperliche Empfindungen und seelische Gefühle wie auch Denkmuster hervorzurufen. In der NLPt (der Psychotherapieform) können damit destruktive Nervenverschaltungen aufgelöst und neu verknüpft werden – sofern man das „rhema“, das heilende Wort findet. Aber dies zu gewinnen, ist eine Gnade, keine kognitive Denkleistung.

Leider kann diese „Kunst“ (denn das Wort Technik stammt von altgriechischen techné und das bedeutet Kunst) auch missbraucht werden, wenn das „Wort“ nicht aus dem Herzen kommt, sondern schlau konstruiert wird, beispielsweise indem man Worte miteinander verknüpft um andere zu verwirren, zu manipulieren oder auch grob zu täuschen. So habe ich vor ein paar Tagen diese Seminar-Bewerbung auf facebook entdeckt: Herbert Kickls & Armin Wolfs Schlagfertigkeits-Techniken enthüllt – YouTube, und das hat mich erinnert, dass ich in den 1990er Jahren einmal gebucht wurde, um als erfahrene Neurolinguistin die Öffentlichkeitsarbeiter der SPÖ mit diesen Techniken vertraut zu machen. Damals distanzierten sich diese Fachleute empört von dieser „Gedankeninvasion“, die vor allem eben FPÖ-Politiker:innen zugeschrieben wurde.

Heute praktizieren sie das allerdings selbst, wie man an der heutigen Aussage von Sven Hergovich beobachten kann, wenn er den Abbruch der Koalititonsverhandlungen durch die ÖVP mit der Eigen-Legendenbildung „umrahmt“, die SPÖ Niederösterreich sei „nicht käuflich“.: SPÖ-Hergovich nach NÖ-Wahl: „Wir sind nicht käuflich“ | SN.at.

Das ist NLP vom Feinsten – und dazu noch eine klassische Projektion: Man unterstellt anderen die eigene Mentalität. In der Bibel Matthäus 7, 3 lautet dies als Gleichnis: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?“

Man kann immer nur wahrnehmen, wofür man bereits Wahrnehmungs-Nervenzellen gebildet hat, also „Resonanz“ besitzt. Beim ersten Mal braucht man jemand, der einem diesen Mechanismus – die Verknüpfung von Bild und Ton (Bezeichnung, eventuell auch Gefühl) – erklärt. Goethe etwa dichtete: „Wär nicht das Auge sonnenhaft – die Sonne könnt es nie erblicken; läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft, wie könnt uns Göttliches entzücken?“ Manchmal ist es aber eben „des Satans eigne Kraft“…

In Koalitionsverhandlungen geht es immer darum, dem anderen eigene Ideen bzw. Vorhaben zu „verkaufen“, und je nach Mandatsstärke zeigt sich, wer Käufer und wer Verkäufer ist, und die Spielregel dazu lautet, der Käufer muss dabei zumindest ein minimales Benefit erzielen können – sonst wird es reine Erpressung und damit Gewalt. Dass man dann enttäuscht ist, wenn man dem (materiell stärkeren!) Käufer nichts „andrehen“ kann, ist verständlich; wenn man aber dann mit oder ohne NLP (d. h. bewusst oder unbewusst) z. B. durch das sogenannte „Rollenvertauschungsagieren“ aus Frust untergriffig wird – kennen wir doch alle von eigenen oder fremden Trennungserlebnissen, oder? – disqualifiziert man sich selbst.

Bruno Kreisky hat 1970 eine Minderheitsregierung riskiert, für die ersten Vorhaben Wertschätzung gegeben und Unterstützung gefunden und die bald folgende Neuwahl überzeugend gewonnen. Die Wertschätzung vermisse ich derzeit. Kreisky war ein im Regieren erfahrener Mann und wurde dementsprechend respektiert; Frauen haben es meist schwerer, weil fast alle Menschen bei „Chefinnen“ unbewusst ihre alten Mutterkomplexe ausagieren – aber Regierungs-unerfahrene Gesprächspartner auch, weil sie den diplomatischen Umgang mit Anstands-Grenzen erst lernen müssen.