Die letzten Wochen  habe ich immer lange überlegt, zu welchem der vielen Themen, die sich anboten, ich etwas schreiben sollte … aber meine innere Stimme riet mir ab. Auch jetzt … und doch drängt es mich, einige alternative Blickwinkel zu den – von wem auch immer – konzipierten Narrativen zu den Wahlverlusten der SPÖ aufzuzeigen.

Zuerst: Mir hat Rendi-Wagner vergangenen Montag in der ZiB 2 großen Respekt eingeflößt, sie hat sich tapfer geschlagen und, was mir besonders gefallen hat: Sie hat sich sichtbar Zeit gelassen, dem – bei ihm ja üblichen – Fragenbombardement Armin Wolfs bedächtig auszuweichen.

Entsprechend den Entwicklungsphasen in meinem Buch „Prinzesschen, Kämpferin … Königin“ (edition roesner 2019) hat Rendi-Wagner diesmal königlich reagiert: Wolf macht nur seinen Job – aber eine Königin spielt dabei nicht mit! Erich Kästner (1899–1974) hat einst gedichtet: „… nie dürft ihr so weit sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken!“ (Was er mit Kakao gemeint hat, ergibt sich aus dessen Farbe!)

Als eine, die sich seit 1955 zuerst im VSM, 1962 im VSStÖ (und diesen bei den Hochschulwahlen immer mit meiner Stimme unterstützt hat – auch während meines Theologiestudiums 2010–2015) und ab 1967 in der SPÖ engagiert und alle Schulungen absolviert hat (1973–1987 auch als Mandatarin), war ich sehr enttäuscht, als nach Christian Kern eine dazumal erst mit der Annahme des Ministeramts nach Sabine Oberhauser sich der Partei angeschlossene Beamtin des Gesundheitsministeriums sich die Führung einer Riesenpartei zugetraut hat – und von Leadership habe ich dann auch wenig gemerkt, so wie Johanna Dohnal immer sagte: Nur Frau-sein ist zu wenig Programm. Besonders wenn man sich als Epidemiologin definiert und das Land von einer Pandemie heimgesucht wird.

Glaubwürdig ist manfrau, wenn manfrau im Zorn über Ungerechtigkeit brennt UND handelt – und nicht Reden vom Papier abliest, vor allem wenn sie offensichtlich von Spindoktoren stammen, die zwar etwas von PR verstehen mögen, aber nicht den Überblick „von den Zinnen der Partei“ (© Ferdinand Lasalle, 1825–1864) besitzen. Zu denen muss manfrau nämlich hinaufklettern (anstatt sich als Manager:in per Privathubschrauber einfliegen zu lassen)!

Und von dort aus kann man auch nicht managen, meist nicht einmal befehligen – es verstehen einen die unten dann meist nicht, weil manfrau zu abgehoben ist. Zu Bobo (Bobo (Gesellschaft) – Wikipedia).

Manfrau muss mit denen unten auf der Straße, im Wald, auf dem Acker und in der Küche und im Kinderzimmer gekämpft haben – dann ergibt sich das Bewusstsein der Gleichheit von selbst. Und genau deswegen sollten wir Frauen nicht nur an der Seite der gerechtigkeits-sensiblen Männer kämpfen, sondern deren Mitkämpfen für Frauenanliegen tagtäglich einfordern!

Insofern finde ich es strategisch falsch, die „Schuld“ für die 2 jüngsten Wahlverluste einem einzigen Mann zuzuschieben und diesen – wahrheitswidrig! – zu provozieren, er würde keine Verantwortung übernehmen: Bekanntlich trägt er sie schon lange in seinem Bundesland und macht dort praktische Politik im Sinne der Bevölkerung. Der Zorn steht einer Königin wohl zu – aber der Untergriff, ein Feindbild aufbauen zu wollen, ist kontraproduktiv. Da war Rendi-Wagner nicht sehr gut beraten. Hätte sie mich gefragt – infolge meiner einzigartigen Berufskombination als strategischer Coach prädestiniert (war ich ja auch für etliche Genoss:innen bis 2017, als ich – 10 Tage vor meinem 50jährigen Parteijubiläum – aus  der Partei ausgetreten bin, und mich übrigens niemand gefragt hat, weshalb, das nur zum Thema Bürgernähe) – hätte ich ihr bessere Alternativen aufgezeigt.

Unklug wäre H.P. Doskozil, sein Königreich aufzugeben und sich in einen Diadochenkampf einzulassen. Dass er auf Journalistenfragen relativ ehrlich antwortet, könnte auch als Einladung interpretiert werden, ihn unter vier Augen um Präzision dessen aufzufordern, was manfrau herauszuhören vermeint. Wenn man wie ich seit über 40 Jahren in Print- und Audiovisuellen Medien mitarbeitet, kennt man die Spielregeln dort: „Only bad news are good news“ und dafür braucht es „eyecatcher“.

Mein verstorbener Ehemann, Journalist und Spindoktor, hat immer gesagt: Eine „G’schicht“ ist nur, wenn es das erste Mal ist, das letzte Mal ein Skandal oder – ein Wunder. Und genau dafür sind wir „wunder-vollen“ Frauen vorzüglich geeignet: Ob wir, wie Johanna Dohnal, die Stimme der Frauen lauter werden lassen, oder, wie Christa Krammer (Gesundheitsministerin 1994–1997), mal tatsächlich auf den Tisch hauen – wir müssen Kraft zeigen! Und uns nicht in den eigenen Reihen spalten lassen – nur weil wir Kritik – noch – nicht aushalten.

Ich wünsche Rendi-Wagner, dass sie beim Angebot solch eines Grabenkampfs königlich über den Graben drübersteigt und sich, statt sich in einen Geschwisterkrieg hineinberaten zu lassen (auch wenn das weltpolitisch derzeit en vogue ist – es ist der falsche Weg, sage ich als erfahrene Mediatorin), entscheidet, ihren berechtigten Zorn zum Stoppen der journalistischen Skandalsuche zu verwenden. Das ist eben deren Job.

Daher, kurz vor Ostern: Bitte ein Wunder!