Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn bezieht Kontrastellung gegen die EU-Mitgliedsstaaten, deren Vertreter selbst entscheiden wollen, ob und wieviel Asylwerber und Flüchtlinge sie aufnehmen wollen (Österreich mitgemeint) und macht sich dafür stark, diese dazu zu zwingen – denn deren Weigerung widerspräche dem Solidaritätsgedanken in der EU (www.krone.at/1599695 und 1603084).

Solidarität ist aber immer eine freiwillige Haltung wie auch Handlung.

Zwang ist immer Gewalt – außer man tut sich freiwillig selbst diese Form von Gewalt an, „zwingt“ sich etwa dazu, auf Drogen (Alkohol, Nikotin und Zucker in seinen verlockenden Verarbeitungsformen gehören auch dazu) zu verzichten, und das sogar trotz Entzugserscheinungen. Auch der Applaus der Gleichgesinnten kann Drogencharakter besitzen – und besonders der in Medien.

Bei manchen der substanzabhängigen Suchtformen braucht man zur Entziehung ärztliche Hilfe – und die setzt einen „Vertrag“ voraus, außer man ist schon so tief im Zustand der Selbst- bzw. Fremdgefährdung, dass man nicht mehr bei Sinnen ist. (Prozessabhängige Süchte wie etwa im sexuellen Bereich lasse ich hier aus.) Bei der Macht-Sucht braucht man psychotherapeutische bzw. seelsorgerliche, das haben längst schon die renommierten Psychoanalytiker Johannes Cremerius, Thomas Kornbichler und Wolfgang Schmidbauer aufgezeigt.

In totalitären Systemen (und Staaten) wird erzwungenes Verhalten als einsichtige Kooperation (z. B. „Kulturrevolution“) schön geredet. Tatsächlich findet aber Unterwerfung statt: Unterwerfung aus Angst um Leib und Leben. Aber auch das aktive Unterwerfen erfolgt aus Angst, nämlich vor Machtverlust. Egal ob in privater Partnerschaft oder Familie, Arbeitswelt oder Politik – es sind immer die qualitativ gleichen Methoden, nur die Intensität schwankt quantitativ.

Solidarität hingegen pflegt spontan zu erfolgen – aus Mitgefühl, aus eigener Betroffenheit, aus zustimmendem Protest – oder sie wird ausgehandelt, setzt also einen Prozess der gegenseitigen Abklärung von Motiven und Zielen voraus, und vor allem das Verstehen und Anerkennen nicht nur von Vorteilen und Nachteilen, sondern auch der handelnden Personen. Das wird vielfach vergessen sondern stattdessen durch medienwirksame „Sager“ ersetzt, und die zählen zu den Methoden der Angstmache durch öffentliche Beschämung: Man zeiht den Gegner unethischen, unprofessionellen oder unsinnigen („Vollholler“) Verhaltens.

Zu der Zeit, als ich noch bei den österreichischen Jusos aktiv war (1968 und Folgejahre), lautete ein Slogan „Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“.

Manchmal wünsche ich mir einen ähnlichen Spruch „Stell dir vor, Politiker keppeln und keine/r hört hin“ – vor allem keine Medienleute.