In den Polittrainings der 1970er Jahre gab es seitdem Johanna Dohnal Wiener Frauensekretärin geworden war, Frauenselbstbewussseinstraining. (Ich habe damals auch die zugehörige Ausbildung zur Trainerin gemacht – vielleicht sollte ich diese Kurse in meinem Seminarzentrum in Matzen wieder anbieten?)

Ein wesentlicher Inhalt dabei war, dass wir nicht „man“ sagen sollten, sondern „ich“.

Der berühmte französische Soziologe und Sozialphilosoph Pierre Bourdieu (1930–2002) schrieb später (in „Anatomie des politischen Skandals“, herausgegeben von Rolf Ebbighausen und Sighard Neckel 1989): „Man müßte eine Sprachanalyse dieses Doppelspiels (oder Doppelich) vornehmen, wie auch rhetorische Strategien – insbesondere des steten Wechsels vom Ich zum Wir – in denen die strukturelle ,Falschheit‘ der Wortführer zum Ausdruck kommt. Auf der Ebene des Symbolischen schlagen sich Gewaltstreiche in Gestalt von Formverletzungen nieder – erst wenn man sich dessen bewusst wird, kann man Sprachanalyse zu einem Instrument der politischen Kritik und die Rhetorik zu einer Wissenschaft von den symbolischen Machtinstanzen machen. Wann immer der Apparatschik symbolische Schläge austeilen will, wechselt er vom Ich zum Wir. Statt ,Ich meine, dass ihr Soziologen die Arbeiter untersuchen solltet‘, sagt er dann: ,Wir meinen, dass …‘, oder ,Das gesellschaftliche Bedürfnis fordert …‘. Das Ich des Bevollmächtigten, sein partikulares Interesse hat sich hinter dem proklamierten Interesse der Gruppe zu verstecken, der Bevollmächtigte hat ,sein besonderes Interesse‘, wie es bei Marx heißt, ,zu einem allgemeinen zu machen‘, um es auf diese Weise als Interesse der Gruppe anerkennen zu lassen.“ (Seite 46, Fett gesetzte Worte sind  im Original kursiv hervorgehoben).

In meiner NLP-Ausbildung wurden wir auf diesen Politsprech hingewiesen – wir haben ihn aber auch eingeübt.

In den Frauentrainings ging es darum, die anerzogene „weibliche Bescheidenheit“ abzulegen, Verantwortung für unser höchstpersönliches Denken und Handeln zu tragen und auch mit Bestimmtheit zu vertreten. Was uns nicht gesagt wurde, ist, dass wir als Frauen daraufhin von Gegnern mit dem Vorwurf der Unweiblichkeit konfrontiert werden würden, vor allem um uns abzulenken und zu verunsichern. Im NLP-Training wurden genau solche Situationen inszeniert, um unsere Abwehrkompetenzen zu schulen.

1988 hatte ich einen Wiener Politsekretär als Coaching-Klienten, der von seinem inaktiven und unkreativen Stadtrat jedes Mal, wenn er im Kreis der Büromitarbeiterschaft die Umsetzungen seiner Ideen in Ich-Form vortrug, vor versammelter Crew mit den Worten „Sag doch nicht immer ,Ich‘ — sei nicht so egoistisch! Sag doch ,Wir‘“ geschulmeistert wurde. Ich hatte ihn damals bestärkt, freundlich aber differenzierend zu erklären: „Wenn ich allein etwas verantworte, sage ich ,ich‘ – sobald wir es gemeinsam tun, sage ich selbstverständlich ,wir‘.“

Wenn man einen Hund prügeln will, findet man einen Stecken, sagt der Volksmund. Wenn man jemand sozial vernichten will, findet sich immer ein Pseudogrund, an ihm oder ihr herumzunörgeln um sich als Besserwisser zu überhöhen. Tatsächlich spricht man sich damit – unautorisiert! – die Position einer nicht autorisierten Jury zu – und schafft zusätzlich ein Mem, was an jemand anderem nicht in Ordnung sein soll. (Die Geschichte ist voll von solchen „Fehlurteilen“.)