Mein jüngerer Sohn rät mir ab, zu dieser Meldung Wut ausgelassen – Betrunkener trat Hund in Wiener Innenstadt tot | krone.at einen Kommentar zu schreiben. Im Land der Volksdroge Alkohol bekäme ich nur Ablehnung …  Ich tue es dennoch. Denn: Nicht nur ich beobachte seit etwa 20 Jahren eine Zunahme „grenzenloser“ Gewalt. Deutsche Forscher resümierten bereits Ende des vorigen Jahrhunderts: Nicht die Quantität von Gewalt hätte zugenommen, sondern die Qualität, denn es würde bis zur Vernichtung auf andere Menschen eingeschlagen, eingetreten etc., wo früher der Niederschlag gereicht hätte – nämlich zur „Ernüchterung“.

Nun kommen heute vielfach noch Drogeneinwirkungen dazu (Medikamente mitgemeint), und aus diesem Grund fordere ich als Pädagogin die Aufnahme dieser Ursachen- wie Folge-Informationen in den Biologieunterricht und, als Juristin, die – von Justizminister Broda angekündigte aber nicht wirklich realisierte – Strafverschärfung bei „selbstverschuldeter schweren Berauschung“.

Frust, Wut und Hass kann ich verstehen; bei psychisch gesunden Menschen reicht meist ein Faustballen, Aufstampfen, Aufschreien oder ein einziger Backenstreich der Empörung (wobei ich den „legendären“ bei der Oscar-Verleihung beobachtenderweise für eine bewusste Inszenierung halte – Spontaneität fühlt sich anders an). Manche fahren sich kilometerlang die Rage aus dem Leib – und gefährden damit aber auch andere Verkehrsteilnehmer. Andere gehen Sandsack-Boxen oder Holzhacken oder laufen sich die Kampflust heraus bis sie „außer Atem“ sind.

Wenn jemand aber etwas vernichtet – also auch z. B. Tiere, die zivilgesetzlich leider noch immer nur als Sache angesehen werden – so hat das immer Symbolcharakter: Es wird das vernichtet, was als „geliebter“ als man selbst angesehen wird – das elterliche Auto, das Meissner Porzellangeschirr, Schmuck und Kleidung … oft auch Haus und Wohnung.  „Angebetetes“ eben. Das kann zwar als dringliche Indikation für Psychotherapie gesehen werden – nur fehlt Alkoholvergifteten die Fähigkeit zur Selbstreflexion, sie bestreiten daher ihre Intoxikation. Umso mehr zählt es zur Verantwortung der Zeug:innen (inkl. Polizei) psychotischer – d. h. fremd- oder selbstgefährdender Verhaltensweisen – die nötige Hilfeleistung, d. h. Verbringung der nicht mehr selbst-steuerungsfähigen Personen zu Expert:innen, und das sind Psychiater:innen in den Spitälern – in die Wege zu leiten anstatt dies zu unterlassen. Anzeige auf freiem Fuß dringt nicht ins Bewusstsein durch. Wer wehrlose Tiere tötet, beweist pathologische Gefühlskälte (oft schon im Kindesalter), und die gefährdet ebenso wehrlose Menschen oder solche, denen traditionelles Rollenbild Wehrhaftigkeit verbietet. Frauen. Alten. Behinderten.

Wenn es in der Bibel heißt, „Die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8, 32), so ist damit auch die ungeliebte Selbsterkenntnis des „Das war wirklich ich!“ gemeint (anstatt andere Schuldige zu suchen, die Eltern, die sozialen Umstände, das Nervengift … oder sich hinter „Jede:r hat ‚ne eigene Wahrheit“ im Sinne von „Lauter Geisterfahrer – nur ich fahre korrekt“ zu verstecken) … und den Mut zur Befreiung zu spüren, wenn das Brett vorm Kopf herabfällt und das Eisenband ums Herz.