Und wieder wurden körperliche Beschwerden einer der Obsorge anvertrauten Person ignoriert – und sie ist verstorben. Diesmal war es ein 22jähriger Berufsschüler bei einem Sporttraining in der Hitze, das letzte Mal war es ein Präsenzdiener auf einem Gewaltmarsch … aber der Ausbildungsverantwortliche hat die Beschwerden ignoriert, ja sogar mit Grobheiten („nicht deppert rumsitzen, sondern mitmachen“: Kurier, 13.07.2022, Seite 16: „Mysteriöser Tod eines Berufsschülers“) beantwortet.

Was soll dabei mysteriös sein, frage ich mich – außer dass hier ein schulisches Versagen mystifiziert werden soll: Keine Obduktion, ist in dem zitierten Artikel zu lesen – „mangels Zeugen“ (haben vermutlich die Verantwortlichen behauptet, dabei gab es an diesem 30. Juni (!) etliche Mitschüler:innen, die aktiv wurden), daher keine Ermittlungen der Polizei, und die Schuldirektorin „will zu dem tragischen Vorfall nichts sagen und verweist auf die Bildungsdirektion Wien“ – also möglichst weit weg und zwar nach oben hinauf in der Hierarchie, dorthin, wo die „Verwaltenden“ nur erfahren, was ihnen auf Nachfrage – mehrfach gefiltert – von ihren Untergeordneten geliefert wird.

Es braucht also dringend unabhängige Ombudsstellen – mit Rechten analog der Volksanwaltschaft – für jegliche Schülerschaft, weil die Abhängigen, wie wir alle als ehemalige Schüler:innen wohl wissen, durch die Noten- und Abschlussdrohungen einschüchterbar sind. Kinder- und Jugendtelefon ist zu wenig (weil zu sehr „psycho“ und ohne rechtliche Möglichkeiten) – und Kinder- und Jugendanwaltschaft auch wieder zu weit weg.

Pikanterweise steht auf derselben Seite im Kurier einspaltig rechts neben dem vierspaltigen oben zitierten Artikel ein schmaler Bericht „Bis zu 2.500 Euro für Konzepte zu Kinderschutz“ – veranlasst durch die Aufdeckung, dass ein wegen Missbrauch Verurteilter nach Straftilgung Kurse für den Österreichischen Alpenverein (ÖAV) abhalten konnte – und die Forderung der Kinder- und Jugendanwaltschaft nach einem einheitlichen Bundeskinderschutzgesetz auf den Säulen Prävention und Intervention. Ich habe ein solches in der Zeit vor der Pandemie für eine burgenländische Einrichtung verfasst und zahlreiche Schulungen dazu abgehalten.

Das Problem wird nämlich nicht durch Konzepte gelöst!

Das Problem liegt in der Persönlichkeit der „Härtlinge“, die in jeder verweigerten „Unterwerfung“ Feigheit oder Bosheit – oder der „Beglückungsterroristen“, die „Unwissenheit, was dir doch gut tun würde“ – phantasieren.

Gegen Vorurteile anderer ist man machtlos – und die eigenen muss man als solche erkennen und – überprüfen!

Sie sind ja grundsätzlich hilfreich, wenn man sie als Hinweis zur Kontrolle des eigenen ersten Eindrucks zu nutzen weiß – aber leider wird „Erziehungsberechtigten“ keine diesbezügliche Information bzw. Schulung angeboten. Ich habe mich dazu bereits in den 1980er Jahren eingesetzt, diese Forderung ist also bereits fast ein halbes Jahrhundert alt, und sie wurde nicht nur von mir erhoben.

Anfangen sollte man dabei vor allem bei all denjenigen, die Sportliches trainieren, weil sie oft unrealistischen Idealen von Körperstählung nachhängen und deshalb die Verletzlichkeit und Begrenzungen körperlicher Leistungsfähigkeit ignorieren – auch ein Vorurteil – und außerdem das Recht auf Selbstbestimmung, das zumindest „mündigen“ Minderjährigen rechtlich garantiert ist – und Volljährigen sowieso.