In der Zeit im Bild um 13 Uhr formulierte Jörg Leichtfried seine Stellungnahme zur Regierungsumbildung der ÖVP, „Der Auftritt des Herrn Nehammer war nicht dazu geeignet, Vertrauen wieder herzustellen“ und wiederholte sich sogar nochmals gleichlautend. (Typisches Politsprechtraining: Kein Inhalt, nur ein Slogan, aber den wiederholt – weil alles andere könnte ja redaktionell gekürzt werden! Hab ich seinerzeit als Mandatarin auch so eingetrichtert bekommen.)

In der Juristerei unterscheidet man Hol- und Bringschulden.

Vertrauen ist eine Bringschuld, keine Holschuld, da irrt Herr Leichtfried – oder er will sein Publikum bewusst manipulieren: Vertrauen „bringt“ man entgegen – oder eben nicht. Misstrauisch darf man sein.

An unserer Sprache kann man unsere Denkweisen erkennen. Wenn man sich Vertrauen „holen“ (erbetteln, erschleichen, erarbeiten, erzwingen … oder welche Aktivität man noch setzen will) möchte, erbringt man eigentlich einen Beweis dafür, dass man meint, andere zu ihren Gefühlen – denn Vertrauen ist ein Verhaltens- und somit Gefühlszustand – nötigen zu können und reiht sich damit unter Heiratsschwindler und Enkeltrick-Betrüger ein.

Ob jemand einen Vertrauensvorschuss geben möchte, sollte wie bei allen Vorschüssen gut überlegt sein. Könnte man ja auch deutlich sagen: „Ich (wir) geben keinen Vertrauensvorschuss.“ Aber nein, es geht ja nicht um das eigene subjektive Vertrauen, es geht darum, jemand objektiv als nicht vertrauenswürdig darzustellen! Das ist NLP vom feinsten!

Genauso manipulativ Beate Meinl-Reisinger, wenn sie die Regierungsumbildung als „parteipolitische Verschubmache“ aus „innerparteilichen Machtfragen heraus“ bezeichnet. Nun ja, sie und ihre Partei waren noch nie in einer Bundesregierung und mussten dort dafür sorgen, dass „das Volk“, von dem laut Bundesverfassung „das Recht ausgeht“, halbwegs bundesländermäßig repräsentiert ist. Wer nur Machterwerb oder Machterhalt im Kopf hat, denkt halt in Machtkategorien – nicht in Repräsentanzen von Partizipation und Mitbestimmung (dabei war dies in der 2. Republik bisher noch in jeder Regierung Prinzip und erkennbar – vorausgesetzt man will das auch sehen).

Ich verstehe schon: Frei nach Paul Watzlawick, Österreichs weltbekanntem Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftler (1921–2007), sieht jemand, der nur einen Hammer besitzt, überall bloß Nägel … aber gibt es denn wirklich nichts Inhaltliches zu fordern, wenn eine Regierungshälfte umgebildet wird?