Am Keplerplatz in Favoriten haben acht, vermutlich arabische, Männer gegen 18.45 Uhr zwei junge Frauen eingekreist, begrapscht, und zwei davon verfolgten die Frauen als diese flüchteten, drängten sich in die Zufluchtswohnung und haben erst, als sie dort weggescheucht wurden, das Weite gesucht: Auf Flucht verfolgt – Junge Frauen von Männern umzingelt und belästigt | krone.at.

Was mich dabei interessiert hätte – und was ich von einer Reporterin (Christine Steinmetz) erwartet hätte – wäre die genaue Information gewesen, wie konkret die Männer aus der Wohnung vertrieben wurden: durch Schreie? Regenschirm? Besenstiel? Was haben Menschen denn so im Umfeld der Eingangstür? Oder durch einen Hund?

Aber vermutlich hat die Redakteurin in Eile einen Polizeibericht bearbeitet – und auch dort hat wohl niemand darauf geachtet, dass zur Gewaltprävention vor allem auch die erfolgreiche Gewaltabwehr gehört, als Verhaltensmodell (auch wenn man dann wegen Notwehrüberschreitung vor Gericht stehen kann) – denn Geschriebenes löst ebenso wie Gesehenes bei der Empfängerschaft der Botschaft geistige Bilder aus – und die sind, wenn auch meist unbewusst, auch Vor-Bilder für das eigene Handeln.

Es sind mehrere Komponenten, die bei solchen „Jagden“ zum Tragen kommen:

  • Einigkeit und Gewalt – auch wir skandierten zu Beginn der Frauenbewegung in Österreich (1970er Jahre) „Frauen gemeinsam sind stark!“ Aber nur zwei sind zu wenig. In der Managementforschung, kann ich mich erinnern, wurde einst nachgewiesen, dass sich in einer Institution erst ab sechs Frauen etwas zu ändern beginnt …
  • Das emotionale Aufschaukeln in der Gruppe: Wer traut sich mehr?
  • Die Ignoranz, dass damit Hochstress ausgelöst wird – eine nachweisbare Gesundheitsschädigung!
  • Das Umdeuten von Gewalt als „Spaß“ – oder die Rechtfertigung als gottgerechte Strafe (weil z. B. zu „westliche“ Kleidung getragen wurde).
  • Der Bystander-Effekt – das Wegschauen der Passanten oder Fenstergucker, die 1964 bei der Ermordung von Kitty Genovese vor ihrem Wohnhaus untätig blieben (obwohl der Täter kurz wegelaufen war, dann aber, als nichts ihn hinderte, zurückkehrte und seine Tat vollendete). Niemand will sich „einmischen“, ruft auch nicht die Polizei – zückt höchstens das Handy um sich auf seiner Facebook-Chronik wichtig zu machen: „Ich war dabei!“
  • Der Zwang, immer Sieger sein zu müssen – was auch bedeutet, dass Widerstand unbedingt gebrochen werden muss, und dies ist meist dem Elternmodell abgeschaut.

Als ich ein junges Mädchen war, machten sich die Burschen in Wr. Neustadt auch so einen „Spaß“ daraus, mit ihren Fahrrädern schnurstracks auf uns zuzufahren, um im letzten Moment erst auszuweichen und sich an unserem Entsetzen zu weiden. Eine Form der Macht der Machtlosen? Auch damals hat niemand auf der Straße auch nur ein Wort des Protests von sich gegeben geschweige denn die Rowdies angeschrien … aber noch immer wird Kindern verboten zu schreien, auch bei Gefahr (weil die oft von Elternfiguren ausgeht), und dieser Befehl – oder Fluch? – sitzt dann jahrzehntelang.