Eigentlich wollte ich meinem letzten „Brief gegen Gewalt“ Nr. 53, übergetitelt „Vorurteile“, zu dem tragischen Tod des 22jährigen und der häufigen Unterstellung von „Verweigerung!“ bei körperlichen Problemen durch Sportbeauftragte – aber umgekehrt deren Verweigerung von Pause, Abbruch oder ärztlicher Hilfe, den – angeblich, weil eigentlich sehr zynischen – Ärzte-Witz beifügen, in dem der eine Arzt zum anderen sagt „Der Simulant von Zimmer 4 ist gestern gestorben“, und der andere antwortet, „Na, so übertreiben hätt‘ er aber nicht müssen …“. Ich habe es dann jedoch bleiben lassen, weil es erstens unfair gewesen wäre gegenüber all der pflichtbewussten Ärzteschaft und zweitens herzlos gegenüber all denen, die um den 22jährigen Berufsschüler trauern (und als solidarische Mutter trauere ich mit).

Es scheint so, als hätten viele das rechte Maß aus den Augen verloren und schwankten zwischen Zuviel oder Zuwenig hin und her – und eine Masse von hassjohlenden Kritiker:innen nützt die Gelegenheiten zum anpöbelnden Mitschwanken, und das besonders, wenn die Zielscheibe Politiker:innen sind. Dabei diskreditieren sich ja all diejenigen selbst, wenn sie über-treiben, nämlich ihre Sündenböcke (missglückter Witz) und Sündenziegen (Gucci-Tasche) in die Wüste (des Wahlverlusts) schicken wollen.

Politik sollte doch sachlich sein – keine Moralpredigt und keine Konkurrenz zum Villacher Fasching.
Kabarett den Kabarettist:innen!

Aber wenn man keine realistischen Programme aufweisen kann – wie wir (z. B. Willi Kainrath, Peter Ulrich Lehner, Peter Lhotzky, Egon Matzner, Herbert Tieber, Brigitte Galanda, Irmtraut Gössler, später Leyrer, heute Karlsson, Eva Kreisky, um nur einige zu nennen) sie in den Jahren vor und rund um 1970 in vielen privaten Sitzungen erarbeitet und auf Partei-Tagen verteidigt haben – bleiben halt nur die Programme Wadlbeissen oder kummervoll Empörtspielen.

Beides sind Übertreibungen.

Sachpolitik giert nicht nach dem Applaus in den Medien, sondern strebt nach ernsthaftem Diskurs mit Andersdenkenden. Denn nur Gegner – gegenüber Befindliche, denn nur die sehen das, was sich hinter dem Rücken befindet, Menschen haben ja keine Fliegenaugen, die rundum sehen können (und Spiegel verzerren – falls sie überhaupt genutzt werden) – könn(t)en die ergänzenden Sichtweisen einbringen. Wollen sie aber nicht. Ihr Ziel ist nur, ihre Zielobjekte „abzuschießen“.

Inhaltlich sachliche Kritik ist wichtig – persönlich unsachliche hingegen ein Angriff auf die Gesundheit (auch eine Form von „VerNICHTung“ – jemand zu Nichts machen wollen) und gibt damit ein Modell für all diejenigen, die sich nicht genug wertgeschätzt oder auch nur zu wenig „mit Macht ausgestattet“ fühlen.

Dass das wirkt, zeigt die Chronik-Berichterstattung in den Tageszeitungen.