Heute – 12. März 2022, dem 17. Tag der sogenannten „militärischen Sonderaktion“ Russlands gegen den Schwesterstaat Ukraine – formuliert man im KURIER unter dem Haupttitel der ersten Seite „Frau Lehrerin, müssen wir alle Angst haben?“ zu Beginn des Untertitels: „Den Krieg erklären.“

Die Formulierung „Kindern den Krieg erklären“ taucht derzeit vielfach in den Medien auf – und ich bin entsetzt über die darin enthaltene Suggestivbotschaft. Ja merkt die denn niemand?

Seit gut dreißig Jahren arbeite ich an der Entwicklung einer – meiner – Sprachmethode, die ich unentwegt übe und mich auch bemühe, diese „Briefe“ in ihr zu verfassen. Als ich 2007 den Lehrstuhl für Prävention und Gesundheitskommunikation an der Donau Universität Krems aufbauen durfte, hatte ich dazu sogar ein Masterstudium für Gesundheitsberufe konzipiert und „Gesprächsmedizin“ genannt – worauf der damalige Leiter der Abteilung für Psychotherapie auszuckte (was heißt: mich vor unseren Vorgesetzten anbrüllte), der phantasierte, ich wollte damit ihn und seine Mitgestalter – nämlich Gestalttherapeuten (ob damals auch Frauen dabei waren, weiß ich nicht, mir sind jedenfalls keine begegnet) – konkurrenzieren. Das war nicht mein Ziel. Ich wollte Angehörigen medizinischer und paramedizinischer Berufe ein wissenschaftlich fundiertes Rüstzeug anbieten, wie rein durch Stimm- und Wortwahl Gesundheitsziele verWIRKlicht werden könnten. Um des Friedens willen musste ich „meine“ – durch Publikationen bereits verfestigte – Namengebung auf „Interkulturelle interdisziplinäre salutogene Gesprächsführung“ ändern … und damit war der Lehrgang nicht mehr verkäuflich. (Teile davon konnte ich Jahre später an der Katholischen Medienakademie unter „Wie schreiben über sexuellen Missbrauch“ lehren.)

Schlagzeilen, wie auch andere Aufmerksamkeit heischende Formulierungen, tragen immer die Gefahr der Gewalttätigkeit in sich, besonders wenn sie in Befehlston abgefasst sind. „Den Krieg erklären“ ist so eine Sprachgestalt. Sie kann als sachliche Beschreibung eines Tuns, aber auch als Aufforderung zu Gegenteiligem verstanden werden. (Ich nehme an, jeder Erwachsene weiß, was eine Kriegserklärung ist.)

Korrekt hätte der Untertitel lauten müssen: „Kriegshandlungen erklären.“

Nicht nur Kindern! Denn wann immer irgendwo ein Krieg stattfindet und man(n) sich mit einer der Gegner identifiziert (besonders wenn man(n) bereits aus dem Wehrpflichtalter heraus oder Vater von Töchtern ist), wird unbewusst auch alte Kampflust erweckt – besonders gut zu beobachten in der Medienberichterstattung des Ersten Weltkriegs – aber auch heute, wo alte Töchterväter über die Aufhebung der immerwährenden Neutralität Österreichs „sinnieren“.

Sprache hat Wirkkraft – und die gilt es zu enttarnen. Das gehört in den Schulunterricht, und das fordere ich zum wiederholtesten Male.

Aber die Forderungen von Müttern – vor allem Söhnemüttern – wird nicht ernst und aufgenommen – auch wenn sie Fachexpertinnen sind. Kommen deswegen Frauen in den Kampf verherrlichenden amerikanischen Action-Filmen nur in subalternen den Helden dienenden Rollen vor?