Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zanger hat nun mehr die von Andy Warhol 1968 vorhergesagten 15 Minuten Berühmtheit in den Medien erreicht – aber nicht durch einen Beitrag zu mehr Frieden und Lebensqualität, sondern umgekehrt: Gewerkschafter als „Beidln“ (d. h. Hodensäcke) zu bezeichnen, ist genau das Gegenteil (https://kurier.at/politik/inland/beidln-kritik-an-sager-von-fpoe-abgeordnetem-zanger-im-parlament/400450240) .

Aber vielleicht wollte er nur herauskotzen, was ihm im Magen lag – Ärger über „fruchtbare“ Vertretung der Mitglieder in einer sich Schritt für Schritt ungünstiger verändernden Arbeitswelt.

Oder er wollte die apostrophierten Betriebsräte mit verbaler Magensäure verätzen, immerhin hat er laut Wikipedia 2 Jahre technische Chemie in Graz studiert, bevor er sich ins Bankwesen verlagerte.

Ich erzähle gerne von den Schulungen, die wir Ende der 1960er / Anfang der 1970er Jahre als FunktionärInnen der Jungen Generation in der SPÖ absolvierten und in denen uns eingetrichtert wurde: Wenn wir mit Leuten sprechen, die weniger gebildet wären als wir, sollten wir hochtrabendes Soziologendeutsch verwenden (dazu ein wunderbarer Buchtipp: „Das automatische Schnellformulierungssystem“ von Udo Schüler in Walter Hömberg/ Eckart Klaus Roloff (Hg.), Jahrbuch für Marginalistik, LIT Verlag 2000), jedoch im Konträrfall, wenn unsere Gesprächspartner hochgebildet wären – Frauen waren damals nicht angedacht – sollten wir möglichst ordinär agieren. Ich habe so etwas selbst in einem Disput zwischen einem hochrangigen Gewerkschafter und einem Spitzenbanker beobachten können – aber die waren im verbalen Zweikampf, dieser seriös mit feiner Klinge, jener brutal mit Knüppel und Hacke.

Herr Zanger hat allerdings kein Zwiegespräch geführt, sondern eine generalisierte Personengruppe pauschal beleidigt. Zu welchem Zweck? frage ich mich, gerade jetzt vor der Arbeiterkammerwahl? Denn vermutlich kennt er ja vor allem die freiheitlichen Betriebsräte … Will er die Wählerschaft vor denen warnen? Hat er in seiner Bankzeit schlechte Erfahrungen gemacht? Ist es gar ein Selbstheilungsversuch?

Im Jakobusbrief 3, 13–15 heißt es: „Wer ist weise und klug unter euch? Der zeige mit seinem guten Wandel seiner Werke in Sanftmut und Weisheit. Habt ihr aber bittern Neid und Streit in eurem Herzen, so rühmt euch nicht und lügt nicht der Wahrheit zuwider. Das ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern sie ist irdisch, niedrig und teuflisch.“