[Um Missverständnisse zu vermeiden: Mir geht es hier um die Vorgangsweisen – nicht um die mir unbekannten Personen!]

Unter dem Titel „Estnischer Minister verspottet finnische Regierungschefin“ ist in den Salzburger Nachrichten (vom 18.12.2019, Seite 5) zu lesen, dass der estnische Innenminister Mart Helme (der rechtspopulistischen Partei RKRE) die Kompetenz von Sanna Marin als „Verkäuferin“ angezweifelt hat – sie hatte nämlich vor ihrem Studium (Verwaltungswissenschaften) im Verkauf gejobbt. Verkaufen zu können, ist nicht leicht – wenn man ein überheblicher, unfreundlicher oder auch spöttischer Mensch ist, das wissen alle, die schon mal als Kund*in (und damit auch als Wähler*in) von oben herab behandelt wurden, denn auch Politiker wollen ja ihre Ideologien oder wenigstens Wahlprogramme „verkaufen“ … oder auch sich selbst als „Stimm“ungskanone.

Was mich stört, ist, wenn eine Person auf irgendein nebensächliches Detail in ihrer Biographie fixiert wird – gleichsam ein verbaler Scheinwerfer dorthin gerichtet wird, wo man der Person Reputation zu nehmen hofft – wie z. B. bei Mag. Peter Sidlo, der wochenlang als „Bezirksrat“ – also dem löblichen Engagement in einem fast Ehrenamt – definiert wurde um ihn nachhaltig als inkompetent abzuqualifizieren (konkret einen einzigen Erfahrungsmangel ins Licht holte und alle bereits erworbenen Erfahrungen im Dunkel ließ) und erst als die Strategie des sozialen Mordes erfolgreich war, wurden nachträglich positive Begutachtungen öffentlich. Das erklärt, weshalb Politik oft als schmutziges Geschäft bezeichnet wird: Weil manche Bosnigel oder Kryptosadisten Freude daran haben, andere mit (ihrem dafür produzierten) Schmutz zu bewerfen. Das ist gezielte Gesundheitsschädigung – nicht nur für den (oft nicht einmal) „Konkurrenten“ sondern auch für dessen gesamte Familie und auch alle, die den gleichen Namen tragen. Ich hatte einst als Lektorin an der Universität Wien die Tochter eines aktuellen Ministers (der FPÖ) unter meinen Student*innen, und die bedankte sich einmal mitten in meiner Lehrveranstaltung, dass ich sie so wertschätzend behandle, denn im all den anderen würde sie angestänkert. Ich habe ihr geantwortet, ich hätte ja schon einige Male soziale Mordversuche überlebt und wisse daher, dass und wie das nicht nur die eigene Gesundheit beeinträchtige.

In meinem letzten Buch „Aufrichten!“ (ORAC) zitiere ich dazu einen Freund, der mir in solch einer Situation, als ich ihn um Rat fragte, wie ich mich wehren könnte, sagte „Tu‘s nicht – wenn man einem Dreck eine Watsche gibt, wird die Hand schmutzig!“

Deswegen war ich ja auch so empört, als 2017 der damalige Bundesgeschäftsführer der SPÖ einige Kandidatinnen der politischen Mitbewerber unabhängig von ihren Berufen und politischen Funktionen permanent als (ehemalige) „Schönheitsköniginnen“ (nämlich tatsächlich als Werbeträgerinnen für z. B. die lokale Weinwirtschaft) apostrophierte, dass ich spontan 14 Tage vor meinem 50jährigen Parteijubiläum aus der SPÖ austrat: Ich finde solche verbalen Untergriffe einer Partei unwürdig, die sich angeblich für Gleichheit und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern einsetzt, und hatte mich daher entschieden, sie deswegen nicht mehr finanziell zu unterstützen. (Ideell schon –  aber auch da nur wenn es etwas reales, konkretes Unterstützenswertes gäbe …) Ich habe damals über Facebook massive Kritik geerntet, eine Pfarrerin dürfe sich nicht politisch äußern (damit war der Parteiaustritt gemeint – was aus meiner Sicht keine politische Äußerung ist, sondern eine biographische Entscheidung, denn seit meiner Ordination – altersbedingt nur im Ehrenamt! – hatte ich mich ohnedies jeder Parteinahme enthalten, obwohl davon kein Wort in meinem Amtsauftrag stand) – und paradoxerweise von einer aktiven Pfarrerin, die sich zeitgleich  als Gründerin der „Omas gegen Rechts“ profilierte. Ich war damals noch nicht auf Facebook, habe aber deren „Hasspostings“ von empörten Freunden zugemailt bekommen (und aufgehoben, falls ich mal meine Biographie schreiben mag).

Der Volksmund weiß, wenn man einen Hund prügeln will, findet man einen Stecken. Warum der estnische Innenminister auf die finnische Regierungschefin losgeht, kann ich mir nur so erklären, dass er damit bei frauenfeindlichen Gesinnungsfreunden um Applaus buhlt. Eine Solidaritätsaktion aller EU-Mandatarinnen sowie der männlichen Kollegen, die so etwas auch als intolerabel finden, wäre fällig!