Spätestens seit den ideologischen Kämpfen um das Atomkraftwerk Zwentendorf ist in Österreich deutlich geworden, wie man die eigene Position  durch Wissenschaftler verstärken kann: Man muss nur suchen, wessen Ansichten zu den eigenen passen und dann muss man diese Person medial als Experten „vermarkten“. Das geht umso leichter, je extremer deren Ansichten sind und sich skandalisieren lassen. Das gelingt am leichtesten, wenn man unterschwellig alte Ängste vor Benachteiligung und Ungerechtigkeit anspricht – und genau die sind es, die meist bereits unbewusst die Themenwahl bedingen. Was mit einem selbst nichts zu tun hat, interessiert einen nicht (besonders). Mir sagte einmal einer meiner psychotherapeutischen Ausbildner, niemand wähle einen Helferberuf, der nicht mindestens einen leidenden Elternteil hatte und unbewusst hoffe, dessen „Geheimnis“ zu verstehen, vielleicht auch zu beseitigen. Ich ergänze mit meiner heutigen Erfahrung aus über 40 Jahren Beratung und Therapie: nicht allein das Leiden einer wichtigen Bezugsperson, sondern vor allem auch eigenes.

Nun lese ich, dass der Verein der Freunde der Landesverteidigungsakademie und die Forschungsgruppe für Polemologie und Rechtsethik der Universität Wien den niederländisch-israelischen Militärhistoriker Martin van Creveld zu einem Vortrag eingeladen hatten, in dem er seine Thesen, Frauen im Militär wären die Ursache für die „westliche Disposition zur Verweichlichung“ und schwindende Kampfkraft und Opferbereitschaft: „Im Sinne eines allgemeinen Werteverlusts gäbe es nichts mehr, wofür es sich lohnt, im Kampf sein Leben zu lassen.“ (https://www.oemz-online.at/pages/viewpage.action?pageld=11930365)

Herr van Crefeld versuchte bereits 2003 mit seinem 500 Seiten starken Pamphlet „Das bevorzugte Geschlecht“ Frauen jenseits ihrer Lebensrealität als vielfach Benachteiligte als Privilegierte umzudeuten: Sie wären nur vom Penisneid getrieben, weil sie „sich tatsächlich nach dem ,offensichtlichen >Extra< der [Männer] sehnen“. (S. 397) Ich sehe sein „offensichtliches Extra“ in der unverschämten Exhibition der Wissensmängel des emeritierten Geschichtsprofessors: Was er sich unter Penisneid zusammenphantasiert, entspricht in keinster Weise den seelischen Inhalten, für die Sigmund Freud diesen Neologismus erfunden hatte. Das ist aber echte Wissenschaft: vor allem auch gegenüber Wortwahl, Sprache und den damit verbundenen Suggestionen kritisch zu sein. Neid ist eine Zuschreibung, die leider viele Menschen verinnerlichen und damit ihren Realitätsblick trüben.

Herr van Crefeld betrauert die gegenwärtige „postheroische Gesellschaft“, und Schuld daran haben aus seiner Sicht die Frauen, weil ihr Vordringen in Männerbastionen all die potenziellen Helden verweichliche.

Er selbst war vom Militärdienst vorzeitig „aus gesundheitlichen Gründen“ ausgemustert worden. (https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_van_Crefeld)

So etwas kann schon schmerzen und auch Neid auslösen, wenn gesündere Frauen „bevorzugt“ werden. Wird so eine narzisstische Kränkung als seelischer Ballast das ganze Leben mitgeschleppt, erweist sich die pseudowissenschaftliche Anfeindung derjenigen, denen gegenüber man(n) sich benachteiligt fühlt, als Streben nach Überlegenheit. Tatsächlich gelingt damit aber nur Überheblichkeit.