… Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an.“ (Jak 3,5)

In den antiken Sprachen ist das Wort für Sprache oft das gleiche wie das für Zunge. Beides kann Waffe sein, tödlich verletzend oder humorvoll heilend. In meiner Facebook-Blase hat sich eine ältere Dame aus meinem Wohnort beschwert, dass ihr eine Frau, die sie im klein-ländlichen Supermarkt gebeten hatte, einen Nasen-Mund-Schutz anzulegen, die Zunge gezeigt hätte. Ein kleines Feuer. Aber wird es nicht durch Empörung (d. h. auch Schnapp-Atmung) angeheizt?

Wäre es nicht sinnvoller, „cool“ zu reagieren? Die aufsteigende Kampflust – denn was anderes ist denn Zorn? – dazu zu verwenden, geistig in die Rolle eines unschuldigen Kindes zu schlüpfen, erstaunt große Augen zu machen und übertrieben naiv fragend zu stammeln: „Aber das ist ja unhöflich?“ oder ganz langsam und ungläubig quasi „überprüfend“ auch die Zunge herauszurollen und den Kopf zu schütteln? „Spielen“! Wir sollen ja werden wie die Kinder …

Dieser Text wurde am 10-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.