Seitdem der Ozean-Regierung (türkis und blau) das Vertrauen entzogen wurde, werfen vor allem die „misstrauenden“ Parteien der Siegerpartei der letzten Nationalratswahl vor, bereits im Wahlkampfmodus zu agitieren (obwohl deren Parteiobmann gar nicht mit Sitz und Stimme im Parlament vertreten ist). Kritisch wie ich bekannterweise bin, achte ich jetzt darauf, ob und wie sich die letzthin stimmenschwächeren Parteien von Wahlkampftönen enthalten … oder wie schlau sie es anstellen, einen kurzen Wahlkampf im September zu fordern und vorab bereits zu umgehen.

Im heutigen Kurier vom Sonntag fand ich ein zwei Seiten langes Interview mit SPÖ-Vorsitzender Rendi-Wagner und darin auf die Frage „Wofür steht die SPÖ eigentlich noch?“. Ihre Antwort: „… den Menschen Sicherheit zu geben. Sicherheit, eine gute Ausbildung zu bekommen. Sicherheit im Alter, dass sie gut gepflegt werden. Oder dass sie sich die Miete für die Wohnung leisten können.“ Rendi-Wagner ist Ärztin. Das erklärt ihr Defizit-Denken: Jemandem fehlt etwas, daher gibt man ihm etwas. Ressourcen-orientiertes Denken, wie es heute ganzheitsmedizinisch geübt wird, bedeutet hingegen, Menschen zu ermächtigen, möglichst eigenbestimmt und ohne Abhängigkeit von Fürsorgenden selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. Die angebotene Geisteshaltung, „Wir sorgen für dich!“ verlockt zum „rasten und rosten“ im Vertrauen auf paternalistische Versprechen von Zuwendungen – die jedoch außerhalb aller Macht liegen.

Die beste Sicherheit zu einer guten Ausbildung liegt in der Entwicklung von eigenem Lernwillen und Lernmut entgegen elterlichem Unverständnis, Lehrerspott und Kollegenhäme, Partnerhemmnissen – also sozialen Beeinträchtigungen durch die Nächsten – und klassenfeindlichen weil fern der Basis von oben herab diktierten Lehrstrukturen.

Die beste Sicherheit im Alter liegt nicht in guter Pflege, sondern im Trainieren von kreativer Zukunftssicht, Eigenbestimmtheit und partizipativem Austausch mit Jüngeren. Das hat Betty Friedan in ihrem Buch „Mythos Alter“ schon in den 1980er Jahren an Hand vieler Studien nachgewiesen.

Und sich die Miete für die Wohnung leisten zu können, hängt von der Fähigkeit zu ökonomisch-unternehmerischem Denken einerseits und Kooperationsfähigkeit andererseits ab: Ein fürsorglicher Nachtwächterstaat bietet nur die Illusion von Sicherheit – in der globalen Wirtschaftswelt, in der durch kurzfristige Entscheidungen Arbeitsplätze und damit Einkommen verlagert oder vernichtet werden können, und in der trotz der Zukunftshinweise des Club of Rome noch immer nur wenige Avantgardisten (mehrheitlich weiblich!) lebenslang immer wieder neue Berufsqualifikationen erwerben und gemeinsame Unternehmungen kreieren – gibt es Sicherheit nur, wenn Gemeinschaften miteinander und füreinander Probleme lösen. Und dafür braucht es soziale Kompetenzen wie den Verzicht auf überhebliches Besser-sein-Wollen als andere. Monolithische Zentrallösungen sind durchaus ehrenwerte Ziele, blenden aber internationale Verflechtungen und Abhängigkeiten aus. Schnelles Reagieren in Zeiten von Unsicherheit funktioniert am besten von Mensch zu Mensch und auf wertschätzender Augenhöhe – unabhängig von Ausbildung, jugendlicher Fitness und Besitz.