Woran denkt man üblicherweise, wenn man das Wort Sexualpädagogik hört oder liest? Vermutlich an eigene Schulerfahrungen – und die hängen von den jeweiligen Unterrichtszielen je nach Generation ab.

Ich kann mich rückblickend erinnern, dass wie in meiner Volksschulzeit in Laa an der Thaya das eine oder andere Mal im Unterricht ins Kino geführt wurden. Richtiges Kino gab es damals dort nicht, sondern es wurde ein enger Raum hinter dem Hof des Gasthaus Stimson dafür adaptiert, vermutlich eine Rumpelkammer im Stall. Ich weiß noch, dass ein Film „Schütze Bum in Nöten“ hieß und recht lustig war, und ein Film von Hans Hass war auch dabei. Und dann gab es einmal einen Film – heute würde man sagen: zur Sexualaufklärung, aber damals sagte niemand etwas Erklärendes dazu, vermutlich waren die Lehrpersonen genauso geschockt wie wir, denn da sah man einen Mann ohne Nase („Die hat ihm die Syphilis weggefressen!“ „Eine arge Krankheit, die bekommt man, wenn man sich mit bösen Frauen einlässt!“ „Was sind böse Frauen?“ „Das musst du jetzt noch nicht wissen!“) und die bösen Frauen sah man auch, im Halbdunkel an Laternen lehnend. Verstanden haben wir nichts, und diejenigen, die den Film zum Einsatz brachten, wohl auch nicht. Sexualpädagogik bestand in Angstmache.

Später im Gymnasium gab es dann in der sechsten Klasse (1960) im Biologie-Unterricht Sexualaufklärung durch einen ganz jungen Lehrer, in dunkler Klasse, mit Diaprojektionen von Blümchen und Schmetterlingen und so, und da ich damals das einzige Mädchen im der Schule war, war das für ihn wohl eine peinliche Situation, was wir alle merkten, und die Burschen konnten nur mühsam ihr überhebliches Lachen zurück halten.

Später in den 1970erJahren (unter sozialistischer Alleinregierung) bemühten sich dann engagierte Lehrkräfte um eine angstbefreite Sexualaufklärung mit Zielrichtung Zärtlichkeit – und ernteten laufend Empörungsstürme; vor allem in den Salzburger Nachrichten machten sich konservative Elternkreise stark für eine Abschaffung des „Unterrichtsprinzips“ – sie befürchteten, dass ihre Kinder frühzeitig „verdorben“ würden. Kaum gab es in den 1990er Jahren die ersten Unterrichts- bzw. FamilienministerInnen der ÖVP, durfte der erzkonservative Erziehungswissenschaftler Marian Heitger die Lehrunterlagen (die nur für die Lehrkräfte gedacht waren und von vier renommierten UniversitätsprofessorInnen gestaltet worden waren, nur phantasierten viele Eltern, sie wären für die Schülerschaft gedacht gewesen) in seinem Sinn überarbeiten – und damit verschwanden sie auch weitgehend aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit. Es gab ja keine wesentliche elterliche Opposition mehr.

Auf keinem Gebiet prallen Ideologien so extrem aufeinander wie auf dem der menschlichen Sexualität: Die einen wollen am besten alles verschweigen, verhindern und verbieten – wie der König im Märchen von Dornröschen glaubt, wenn er Spindeln verbietet, kann man sich an keiner mehr stechen. Die anderen wollen möglichst früh alles erzählen, erklären und ermutigen – auch den Protest und die Abwehr gegen Unerwünschtes – nur: Vorher weiß man ja noch nicht, was unerwünscht sein wird. Das ist das Dilemma.

Man kann nur phantasieren – und fachkundige PädagogInnen vorstellen, die hoffentlich nicht einseitig, sondern umfassend Wissen und Wertschätzung für das jeweils „Andere“ vermitteln, damit man mit Ablehnung nicht Gewalt hervorruft. Die notengebenden Lehrkräfte sind dafür sicherlich nicht die richtigen Personen (wie ich übrigens schon 1976 in dem Fachartikel „Die Angst des Lehrers beim Reden über Sex“ in Wien Aktuell geschrieben habe).