Man solle doch nicht alles gleich hochspielen, lassen sich manche professionelle Kommentatorinnen vernehmen (vgl. profil 37/ 08.09.2018, Seite 11), wenn es um den Vorwurf sexistischer Diskriminierungen geht, manche redeten halt gelegentlich „dummes Zeug“. (Interessanterweise kommen solche Abwiegelungsversuche bei rassistischen Entgleisungen nicht vor!)

Ursprünglich nur auf Frauen bezogen, kann Sexismus heute geschlechtsneutral unterschieden werden in einen direkten, in dem Betroffene ohne sachlichen Grund konkret abgewertet bzw. ausgeschlossen werden, und einen indirekten, bei dem die dementsprechende geistige Einstellung maskiert wird – beispielsweise als Kontaktversuch, naive Frage oder Scherz. Allerdings hat schon Sigmund Freud in seiner Abhandlung über den Witz und seine Beziehung zum Unbewussten zwischen tendenziösen, also eigentlich aggressiv auf Verletzung zielenden, und nicht tendenziösen (einfach nur albern-lustigen) unterschieden. Diese Unterscheidung ist auch bei der Bewertung von Sexismus-Vorwürfen hilfreich. (Das steht auch in meinem Buch „Heilkraft Humor“.)

Transaktionsanalytisch gesehen zeigt sich Sexismus im Machtgefälle „von oben herab“ – wenn sich jemand über die andere Person bewertend erhebt und eine Umkehr nicht möglich ist. Flirten z. B. ist symmetrisch – da „spielen“ zwei miteinander quasi auf gleicher Wellenlänge. Ist diese Kommunikation aber „schief“ weil unerwünscht oder sogar mit drohenden Untertönen, wird eine sexuelle Belästigung (und oftmals sogar Hochstress und damit eine Gesundheitsschädigung) daraus.

In der Zeit, als ich noch Kommunalpolitikerin und Mandatarin war, wurden wir in Schulungen angehalten, Andersdenkende unter anderem auch dadurch zu „schwächen“ indem wir ihnen gezielt sozialen Respekt etwa durch grenzüberschreitende Umgangsformen verweigern. Weil die sozialen Verkehrsregeln genauso wie die für den Straßenverkehr den „Vertrauensgrundsatz“ beinhalten, dass sich auch der andere korrekt verhalten wird, sind Regelbrüche unerwartet, daher überraschend, oft sogar schockierend und machen entweder hilflos oder aggressiv, solange man noch keine passenden Abwehrmaßnahmen „kann“ (kennen ist zu wenig).

Man kann gut beobachten, dass Menschen, wenn sie sich in ihrem Status gefährdet fühlen, Feindbilder suchen, auf die sie ihren Neid und Hass loslassen können. Sexistisches Agieren ist dazu eine „Technik“, die leicht verharmlost werden kann. Für Männer sind die dazu geeigneten Projektionsflächen Frauen (von denen sie phantasieren, dass sie es leichter hätten im Leben) oder Männer, die nicht ihrem Selbstbild entsprechen, für Frauen sind es wieder Frauen.

Gefördert wird dieser Alltagssexismus aber auch durch Werbeklischees, in denen Frauen als gleichsam Sexdienerinnen dargestellt werden oder Männer als Dummköpfe. Es liegt an uns allen, solche subtilen Manipulationen wahrzunehmen und öffentlich abzulehnen. Gegen Gewalt hilft nur Öffentlichkeit, und zwar eine, die den Schwächeren Beistand leistet.