Damit kein Missverständnis entsteht: Ich meine mit diesem Leitwort Jugendliche, die Probleme HABEN – nicht aber, dass sie welche machen.

Wenn es jemandem gut geht, ist er oder sie friedlich, weil seine bzw. ihre Grundbedürfnisse befriedigt sind.

Nur aus einem Krisengebiet „weg“ zu sein, entspricht noch lange nicht dem Grundbedürfnis nach Sicherheit, denn der Mensch besteht nicht nur aus einem Körper aus Knochen und Muskeln etc., sondern auch aus Nerven, Bindegewebe und inneren Organen und die reagieren primär, also bevor sich der Gesamtkörper in (Kampf- oder Flucht-) Bewegung setzt. Sicherheit bedeutet, sich geborgen, beschützt und nicht angefeindet zu fühlen.

In der sogenannten Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow (in „Motivation und Persönlichkeit“) stehen zu unterst die existenziellen Bedürfnisse wie Essen, Trinken und Schlafen, erst eine Stufe höher kommt das Bedürfnis nach Sicherheit, also beispielweise einer Heimstatt. Darauf berufen sich viele, die meinen, Stufe eins genüge – sie wissen nämlich nicht, dass man z. B. wenn man an einer schwereren Form von Depression leidet, nicht essen und nicht schlafen kann. Sie wissen aber auch nicht, wie der Psychiater Bruce D. Perry schlüssig nachwies (in „Der Junge, der wie ein Hund gehalten wurde“), dass traumatisierte Kinder und Jugendliche all ihre Aufmerksamkeit auf Selbstschutz und Selbsterhaltung richten (müssen) und nicht auf Lehrkräfte oder andere Betreuungspersonen, die wie jedes andere Gegenüber auch als potenzieller Feind gesehen wird. Zu Recht, wie sich immer wieder erweist. Genau deswegen habe ich in der von mir konzipierten Methode PROvokativpädagogik genau diesen Kenntnissen breiten Raum gewidmet – PRO groß geschrieben, weil „prosozial“ gemeint!

Als ich in den 1970er und 1980er Jahren als Diplomierte psychoanalytische Sozialtherapeutin als Führungskraft im Verein Wiener Jugendzentren arbeitete, war es aus dieser Fachsicht klar, dass wir die Räume, in denen die Jugendlichen Chancen der Mitgestaltung, Mit- und weitgehenden Selbstbestimmung, vor allem aber von Identifikation und Achtsamkeit leben sollten schon bei Einrichtungsfragen berücksichtigen: Raum bekommen heißt auch Raum gestalten dürfen – und dazu kann  man gleich Vernetzung mit gleichaltrigen Lehrlingen ausprobieren. Dies muss von Fachleuten begleitet und idealerweise gleichzeitig beforscht und evaluiert werden. (Wir mussten im Verein Jugendzentren jede Woche evaluieren!)

Das wurde offenbar leider beim Flüchtlingsheim Drasenhofen verabsäumt. Verantwortung des zuständigen Landesrats? Oder der fachkundigen Beamtenschaft seines Ressorts, die ihn ja warnen müssten, wenn er als Laie die kollateralen Dimensionen – noch – nicht abschätzen „kann“? Sparwahn? Taktisches Politkalkül? Sozialsadismus? Oder blutige Ignoranz? Oder nur traditionelle Vorurteile?

All das wäre auch eine Forschung wert!