Zur Kunst der strategischen Infamie zählen Pejorationen, also Bedeutungsverschlechterungen oder auch Verkürzungen oder winzige Veränderungen eines Wortes oder Namens, aus dem sich eine Abwertung ergibt. Beispiele dafür sind „Gutmensch“ statt „(bewusst) guter Mensch“ oder „Emanze“ statt „(geistig von Mannesdominanz) emanzipierte Frau“ (denn rechtlich sind das alle Österreicherinnen seit der Familienrechtsreform 1975). Wenn solch eine sprachliche „Variation“ aber unbewusst „passiert“, spricht man aus psychoanalytischer Sicht von einer „Fehlleistung“, in der sich das wahre denken Durchbruch verschafft. So soll sich Erwin Ringel bei der Frage, welches Zimmer dem Gastprofessor David A. Jonas zugewiesen werden sollte, mit „Wo werden wir ihn denn umbringen?“ statt „unterbringen“ versprochen haben – und tatsächlich verschied Jonas dann in Wien (persönliche Mitteilung von Gernot Sonneck).

Multitasking bedeutet die Ausführung von zwei oder mehreren Aufgaben zur gleichen Zeit. Man könnte scherzhaft von „Muttitasking“ sprechen – denn für Mütter von Kleinkindern ist das alltägliche Herausforderung: Gemüse putzen, Fleisch braten, Salat zubereiten, nebenbei gleich abwaschen und immerzu Kind/er und womöglich noch Haustiere wie auch Insekten und andere Eindringlinge im Auge behalten … und wenn Eltern oder Göttergatte (und die sind natürlich keine Eindringlinge – oder doch natürliche Eindringlinge? – Achtung! Scherz!) anwesend sind, die auch noch charmant mitbetreuen …

Multitasking wird Frauen als Naturbegabung zugesprochen, dabei ist es ein Übungserfolg. Das sollte für alle, die ein Auto lenken oder ein Motorrad, Flugzeug oder, möglicherweise höchster Trainingsgrad, Orgel spielen können, einsichtig sein. Man muss das aber wollen – oder müssen.

Harald Mahrer, der im Standard-Interview (25./26.08.2018, Seite 17) auf seine „Multitasking-Grenzen“ angesprochen wurde, übt seine nunmehr sieben (vor allem ideellen) Führungsfunktionen keinesfalls täglich aus wie eine Hausfrau und Mutter – höchstens gedanklich ein paar Minuten, wenn er am Morgen seine Tagesagenda überprüft und überlegt, an wen er Anweisungen geben will.

Ich werde auch oft gefragt, wie ich meine sieben erlernten und „gleichzeitig“ ausgeübten Berufe „schaffe“. Na indem ich sie zeitlich ordne, sofern sie nicht ohnedies zusammenfallen und alles zukaufe, was ich nicht selbst machen muss. Management eben – und das lässt sich erlernen.

Übrigens habe ich heute bei meiner frühmorgendlichen Bettlektüre (Herny H. Ellenberger, Die Entdeckung des Unbewussten“) auf Seite 643 folgende Charakterisierung des politisch nicht unumstrittenen Wiener Psychiaters und Nobelpreisträgers 1927 Julius Wagner-Jauregg entdeckt: „Seine Art zu lehren galt als gut, aber nicht besonders beredt. Seinen Studenten gegenüber soll er sich zugleich autoritär und wohlwollend verhalten haben. Neben seinem Lehramt, seiner Forschung, seinen Pflichten im Krankenhaus und seiner Privatpraxis war er auch noch in vielen wissenschaftlichen Gesellschaften und akademischen Funktionen tätig“, und ein aktiver Bergsteiger und Reiter, Turner und Sänger und zweimal verheiratet und Vater zweier Kinder war er auch. Ganz normal in seinem Beruf. Ein Landwirt koordiniert ja auch Ackerbau, Viehzucht, Bautätigkeiten, Reparaturen, Personalführung und/oder eigene Lohnarbeit, Fortbildung etc. und Familienleben, auch ganz normal – außer man will jemand pejorisieren.