„Die Sparsamen dürfen nicht die Deppen sein“, übte sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter laut Titelseite des Kurier vom 15.01. in Kritik. Inhaltlich stimme ich ihm zu, aber: Er verbindet mit dieser „emotionalen“ Formulierung die Begriffe Sparsamkeit und Dummheit – und so etwas wirkt tiefenpsychologisch manchmal kontraproduktiv, denn im Unbewussten gibt es keine Verneinungen. (Beispiel: Denken Sie nicht an einen Schäferhund! Woran denken sie bei diesem Satz?) Daher finde ich solche sprachlichen Verknüpfungen problematisch.

Bei der gestrigen Verleihung des – nicht mehr nur Niederösterreichischen sondern jetzt sogar Europäischen – Vorsorgepreis‘ war mir die Gelegenheit geboten, über die vielfach vernachlässigte mentale – gedankliche im Gegensatz zur seelischen – Gesundheit zu sprechen, aber die scherzbewusste Moderatorin hat mich daran gehindert, meine Gedanken ungestört auszuführen, daher versuche ich es jetzt: Sparsamkeit, d. h. „ökonomisches Budgetieren“ (nicht zu verwechseln mit Geiz!), ist ein Tugend – und das vor allem heute in der sogenannten Konsumgesellschaft. Tugend setzt immer voraus, dass man im – meist unbewussten – Konflikt zwischen gegensätzlichen Verhaltensoptionen diejenige wählt, die einen selbst wie auch andere Menschen gesünder macht. Da gehört auch Kritikfähigkeit dazu, auch die Bereitschaft zu verzichten und auch die, gegen den „Mainstream“ zu schwimmen (denn nur so kommt man bekanntlich zur Quelle!).

Sprache hat Wirkkraft. Sie zeichnet in unserem „geistigen Kino“ Bilder auf die „biologische Leinwand“. Bei Platters Formulierung besteht also die Gefahr, dass im Umkehrschluss die Ausgebefreudigen (um nicht „Verschwender“ zu suggerieren) unkritisch als „die Gescheiten“ präsentiert werden. Die Formulierung „Die Sparsamen dürfen nicht benachteiligt werden“ wäre also sachlicher und salutogener (Salutogenese umfasst alles was Gesundheit aufbaut und fördert) … ist aber halt kein „Sager“, der den Medienmachern Gelegenheit zu knalligen Überschriften bietet.

Mentale Gesundheit beginnt mit der Überprüfung dessen, was wir in unser Denken hinein lassen wollen und was wir dementsprechend – bewusst! Nicht nur spontan! – verwerfen. Dieser Bewertungsprozess braucht Zeit – oder Training, dann geht es schon auch schneller.

Sparsamkeit ist im Idealfall eine bewusste und immer wieder überprüfte eigene Entscheidung. Dann ist man ganz „bei sich“, und das ist salutogen. („Ganz“ beinhaltet ja auch immer das Gegenteil!) Wird man aber dazu gezwungen (durch Eltern, Partnerpersonen aber auch die Not), wird die Selbstbestimmung – ein wesentlicher Teil der Selbstachtung und Identität – geschädigt und das ist pathogen – außer man „richtete sich innerlich auf“ und sagt sich: „Im Augenblick habe ich diese Situation – und jetzt gilt es, ruhig und vernünftig zu planen, was ich tun kann um diese Lage zu verändern“. Das ist angewandte Salutogenese: Wahrnehmen, Alternativen finden (oder erfinden) – da gehört auch der öffentliche Protest dazu! – und Verantwortung für die eigene Entscheidung übernehmen. Und das ist gleichzeitig Klugheit.