Ein Freund sagte in Hinblick auf die seinerzeitige „Aktion Mitmensch“, eigentlich sei die Wortschöpfung Mitmensch ein verdummender Pleonasmus (das bedeutet Bezeichnungsüberfluss wie etwa „tote Leiche“), denn jeder Mensch sei ja Mitmensch in der gesamten Menschheit.

Ähnliches könnte man über die Formulierung vom „menschenverachtenden Denken“ (profil 50/ 10. 12. 2018, S. 28) konstatieren, wie es derzeit in den politischen Konfrontationen häufig herbeizitiert wird: Derjenige (Frauen mitgemeint), der dieses Wort dem jeweiligen Gegenüber „an den Kopf wirft“ oder hinterrücks anheftet, befleißigt sich derselben Methode – es wird nicht sachlich kritisiert, sondern die Person wird in ihrer Gedankenfreiheit verachtet.

Wenn man dafür eintritt, dass man achtsam – und dieses Wort beinhaltet nicht nur Achtung, sondern auch Beobachtung und Acht geben – miteinander umgehen sollte, dann muss man die Person bzw. Personengruppe, deren Verhalten man nicht richtig findet, fragen: nach ihren Erfahrungen und Motiven, nach ihren Zielen und konkreten Plänen. Dann erfährt man nämlich mehr als das, was man selbst so phantasiert (wie wahr es auch sein mag) und kann sich darauf einstellen, beispielsweise mit Informationen, mit einer Aufklärungskampagne, und ja, sogar mit Satire, solange diese tendenzfrei, d. h. ohne Menschenverachtung bleibt. Aber das bringen meinst nur „große Klein-Künstler“ zustande wie der wunderbare Michael Niavarani oder das Duo Stermann & Grissemann. Unter Politikern ist die Gabe der „feinen Klinge“, die nur ein bisschen kratzt und nicht gleich ermordet, selten geworden. Um etwa die subtil-humorvollen Krawatten-Botschaften des ehemaligen Finanzministers Rudolf Edlinger zu registrieren braucht es auch Achtsamkeit …

Menschenverachtung praktiziert jedermensch, der sich absichtlich über einen anderen erhöht.

In der Transaktionsanalyse wird der Stil dieser Überheblichkeit mit „pig parent“ – „Elternschwein“ – bezeichnet. Üblicherweise löst man damit entweder (wie beabsichtigt) Scham und Rückzug aus (was eine gezielte psychische Verletzung darstellt) – oder die Person, die derart gedemütigt wird, lässt sich das nicht gefallen und wehrt sich aggressiv, dann kann man ihr dann dieses Verhalten wiederum als Kritikunverträglichkeit vorwerfen und genau das ist auch wieder Menschenverachtung.

Wie also tun? Antwort: Im eigenen Revier bleiben aber Standpunkt beziehen z. B. „Das will ich nicht dulden!“ oder „Diese Ansicht finde ich nicht richtig (hilfreich, problemlösend, gesundheitsfördernd etc.)!“