Als voriges Jahr in meiner Facebook-Blase die Links zu amerikanischen Anti-Trump-Aktionen wie der Zoom-Chor „Vote him away!“ anwuchsen, hat mich die kreative Idee entzückt und dem Inhalt hab ich – eh klar – zugestimmt, denn dafür sind Wahlen da.

Außerdem war all das ja weit weg.

Wenn ich jedoch im Hier und Jetzt beobachte, wie Spitzenpolitiker oder auch Parteivorsitzende (weiblich) jenseits der demokratischen Abwahlmöglichkeiten sozial gemobbt werden, wobei immer höhnisch darauf gewartet wird, bis diejenigen derart Attackierten die Nerven verlieren und „aus der Rolle fallen“, schäme ich mich für diese Kabalen – und ein bisschen auch für meinen oben angeführten Beifall, denn hinter der Anerkennung für die kreative Idee lauert doch auch die Lust an der Menschenjagd (so auch der Titel eines meiner ersten Bücher aus 1992 s. www.perner.info).

Als eine, die zwar das soziale Medien-Mobbing von Seiten dreier KollegInnen überlebt hat, aber die nachhaltigen Gesundheitsbeschädigungen bei meinen Kindern, die ja in der Schule angestänkert wurden, machtlos mitansehen musste, ist mir gerade gegenwärtig wieder bewusst geworden, welche „Kollateralschäden“ all die vermutlich Alexithymen (das ist die Diagnosebezeichnung für Menschen, die eigene wie fremde Gefühle nicht wahrnehmen können) ungerührt in Kauf nehmen. In meinem jüngsten Buch „Mit Recht und Seele“ (bestellbar nur bei mir) über den psychosozialen Bildungsbedarf von Angehörigen juristischer bzw. rechtskundiger  – aber auch medizinischer – Berufe habe ich das ausführlich behandelt.

Ich finde: Die persönlichen, oft offen untergriffigen, oft indirekt in Unterstellungen verpackten Beschädigungen der politischen „Mitbewerber“ – denn es geht ja nur um Konkurrenz im Permanentwahlkampf – disqualifizieren all diejenigen, die nur mit sozialen Mordversuchen und nicht mit Sachkritik reüssieren wollen (oder können).

Aus diesem Grund lehne ich die wöchentlichen medialen  „Zeugnisse“ mit prozentuellen Zustimmungs-Rankings oder phantasierten Sonntagswahl-Fragen ab. Sie fördern nur die politische Unbildung.

Es weiß doch hoffentlich jedermensch, welcher Politik – nicht welchen Personen, die sind alle austauschbar – er oder sie zustimmt und: was der eigene Bezug dazu ist. Und wenn nicht, dann wäre es die Aufgabe seriöser Medien, für Aufklärung zu sorgen.

So vermisse ich derzeit, dass jemand kritisch aufzeigt, dass Ruf nach „Eigenverantwortung“ auch gezielte Entsolidarisierung bedeuten kann – denn bildungs- und einkommensprivilegierte Personen (Familien) werden damit kein Problem haben, bildungsfremde und einkommensschwache Bevölkerungsteile aber sehr wohl. Und mit „selber schuld“ oder gar Benachteiligungen zu kontern ohne tiefer nach Ursachen und Auslösern zu suchen, ist oft auch der Startpfiff zu einer Menschenjagd, sie heißt dann nur Sozialkontrolle.