Der 3. Mai ist der Internationale Tag der Pressefreiheit, und so kritisiert Rubina Möhring, Präsidentin von Reportern ohne Grenzen,  in den Salzburger Nachrichten von heute, dass es in Österreich noch immer das „Machtspielzeug Amtsgeheimnis“ gibt. „Machtspielzeug für wen?“ frage ich – denn jede individuelle Freiheit endet dort, wo sie die individuelle oder kollektive Freiheit anderer beengt oder gar vernichtet.

Als Witwe eines Journalisten weiß ich, dass Neugier zu deren „Berufsdeformation“ (Jörg Fengler in „Helfen macht müde“) gehört wie das ewige Darüber-Reden-Wollen der Angehörigen von Psycho-Berufen zu ihrer. Es liegt dann an der persönlichen Ethik, ob man sich dessen bewusst ist, wo und wie man beispielsweise das Menschenrecht auf Schutz des Privat- oder auch Familienlebens respektiert oder missachtet, wenn die „G’schicht“ hohe Aufmerksamkeit und Auflagenzahlen bzw. Einschaltquoten verspricht, und dennoch auf diese Grenzverletzungen verzichtet. Ich habe in meinem Hauptberuf als Coach und Supervisorin etliche Journalisten und Journalistinnen – meist von zwei bestimmten Chefredakteuren – beratend begleitet, die von ihren Chefs richtig gezwungen wurden, bestimmte Gerüchte mit dem deutlich ausgesprochenen Ziel nachzurecherchieren, dass daraus eine Skandalstory gebastelt werden könne.

Amtsgeheimnis ist ein weiter Begriff: Es umfasst einerseits die Kenntnis persönlicher Daten – oder aber andererseits auch Vorhaben Regierender samt Pro- und Contra-Expertisen von Fachleuten. Ich bin immer wieder damit konfrontiert, wie Klienten so nebenbei erwähnen, dass sie da einen Polizisten, in anderen Fällen Angestellte von Kreditschutzunternehmen oder auch Versicherungen in der Verwandtschaft und Bekanntschaft haben, über die sie sich vertrauliche Informationen über „Feinde“ besorgt hätten.

In meiner Zeit als Kommunalpolitikerin bin ich sogar einmal selbst im „gemütlichen Beisammensein“ nach einer Sitzung Zeugin geworden, wie der eine Politiker zu dem anderen sagte, „Du sitzt doch in der Sozialversicherung“ (und zwar in oberen Rängen), „kannst du mir nicht die Information besorgen …“ und der so Angesprochene antwortete stolz „Kein Problem“. Das war natürlich noch vor den strengen Datenschutzrichtlinien, aber ich höre immer wieder, dass sich da nicht sehr viel geändert hat. Wenn man immer nur von den Skandalen erfährt, verschwimmt die Kenntnis, dass es auch korrekte Achtsamkeit gibt. Achtsamkeit auf Grenzen.

Ich stimme Rubina Möhring zu, dass es Medienunterricht in den Schulen braucht – mit der Ergänzung, dass auch Menschen „Medien“ sind (und nicht nur als „Wanderer zwischen den Welten“, sondern ganz trivial im Diesseits): Sie betreiben ebenso lustvoll – „sportlich“ – Rufmord wie manche Gazetten, die unter Zusatz „Es gilt die Unschuldsvermutung“ Existenzen – auf jeden Fall aber die psychische Gesundheit – gefährden wie auch zerstören. Ich solle es sportlich nehmen, sagte mir nämlich einmal ein Redakteur eines Wochenmagazins, nachdem er in unrichtiger Formulierung mich in meiner – zugegebenermaßen subjektiv empfundenen – Berufsehre beschädigt hatte und ich eine Richtigstellung wollte – aber die war seiner Meinung nach unwichtig.

In einer Zeit, in der sich die Sprache nicht nur der Jugendlichen sondern auch vieler, die ewig kindlich bleiben wollen (vgl. Robert Bly, „Die kindliche Gesellschaft“), an den „Sagern“ in Film und Fernsehen orientieren, wäre ein Training in sachlich-ernsthafter Kommunikation so wichtig wie noch nie. Muss ja nicht öd sein. Meinung – wie schon das Wort besagt, ein „Meines“ und nicht Allgemeines – gehört auf Sozialtauglichkeit überprüft bevor man sie dem „Gehege der Zähne“ entlässt. Das muss man auch erst lernen. Und es wäre die Kunst der professionellen Redner und Schreiber, dies allgemein zu vermitteln. Seriöse JournalistInnen könnten dafür zumindest in die Lehrerfortbildung eingeladen werden.