Durch eine Pressekonferenz der Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass in Zukunft keine MARAC-Konferenzen mit Polizei-Beteiligung stattfinden würden. (MARAC bedeutet Multi-Agency Risk Assessment Conference, zu deutsch Multi-institutionelle Risiko-Fall-Konferenzen.)

Ich selbst habe in der Zeit meiner Professur für Kommunalprävention an der Donauuniversität Krems in dem 2007 von mir konzipierten Masterstudium „Präventionsmanagement“ basierend auf in Deutschland entwickelten Stadtteils-fokussierten Kooperationskonferenzen zu allen Fragen der Gewaltprävention versucht, das dazu nötige Rüstzeug für alle in Frage kommenden Berufsgruppen verfügbar zu machen. Ich habe dabei vor allem deshalb auf regionale Zusammenarbeit gezielt, weil es nicht nur um individuelle Verhaltensweisen potenzieller Gewalttäter – auch weiblicher! – geht sondern auch auf räumliche, zeitliche, vor allem aber kulturelle Gegebenheiten, und ich von meinem ethischen Verständnis auf „parteiliche“, d. h. nur einem Teil eines Konflikts dienliche Prophylaxen und Interventionen verzichten will: Sie schaffen nur weiter verstärkte Konflikte und Rachebedürfnisse. (Rache verstehe ich in diesem Sinn als Versuch zur Wiederherstellung von Selbstachtung.)

Ich hatte dabei auch die Konferenzen im Sinn, die Anfang dieses Jahrtausends zum Thema Erfahrungen mit Sekten in einer evangelischen Pfarre in Wien-Simmering stattfanden, und an denen außer dem Initiator, der seine Tochter an eine Sekte „verloren“ hatte, mir, die Erfahrungen mit derart „verwaisten“ Eltern hatte, der Pfarrerin und Vertretern der Bundesstelle für Sektenfragen auch die zwei Polizisten teilnahmen, in deren Aufgabenbereich die Beobachtung der „Szene“ fiel. Letztere „durften“ an unseren Sitzungen nicht mehr teilnehmen, als deren Aufgabengebiet im Zuge der Vereinheitlichung der polizeilichen Aufgaben und Dienstleistungen „allgemein“ wurde. Das war zwar für uns andere ein Verlust an Informationen, an die wir sonst nicht herangekommen wären – nicht aber umgekehrt, denn für mich war es seit den sogenannten Favoritner Mädchenmorden selbstverständlich, den Sicherheitsorganen bei Bedarf zeitnah und kostenlos als Expertin zur Verfügung zu stehen, und vermutlich gilt das ebenso für die Experten der Bundesstelle.

Bei solchen Konferenzen stellt sich immer die Frage des Benefits: Wer hat was konkret davon – vor allem dann, wenn Beamte in Dienstzeit, also mit Ausfall an anderer Dienstpflicht und damit Kosten für die Allgemeinheit der Steuerzahler, teilnehmen. Um sich persönlich kennen zu lernen, genügt eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung, wie sie in den 1990er Jahren von manchen Ministerien oder Landesregierungen, aber auch von Berufsverbänden gelegentlich angeboten wurden. Um besser zu kooperieren genügen Tage der Offenen Tür, wie ich sie in meiner Zeit als Haus- und Projektleiterin der Wiener Club Bassenas initiiert hatte: Eine Institution stellt sich vormittags fachintern, nachmittags öffentlich vor und lädt ihre Bezugsinstitutionen dazu ein, am Programm teilzunehmen (was diese erfahrungsgemäß auch tun, wenn es ihnen „was bringt“). Fortbildungsbedürfnisse sind institutionenintern oder auch kooperativ durchzuführen und zu budgetieren – wobei wer auch immer öffentliche Gelder beansprucht, auch Motiv, Auswahl und Effizienz nachzuweisen hat.

Ich denke, Kooperation zwischen Staat und NGOs ist wichtig und gehört gefördert – dann, wenn ein Akut-Bedarf offensichtlich ist. Dazu die Verwaltungsakademien für passende Nicht-Beamtete zu öffnen, halte ich für sinnvoll. So habe ich in den 1990er Jahren Fortbildungsseminare für die Burgenländische Landesregierung abgehalten, an denen auch Führungskräfte kooperierender Institutionen und Firmen teilnahmen.

Wogegen ich aber Bedenken habe, ist eine Rollenkonfusion bei Problemlösungen: Aus der Tatsache der Teilhabe an parlamentarischen Enqueten und Begutachtungen die Illusion zu entwickeln, man hätte gleiche Aufgaben und Verantwortungen, entspricht nicht unserem Prinzip der Gewaltenteilung (Gesetzgebung – Justiz – Verwaltung). Zuarbeiten Ja, Kritisieren Ja … aber alles andere wäre insgeheime Unterwanderung.