„Muttern“ ist eine soziale Tätigkeit, schreibt die langjährige US-amerikanische Soziologieprofessorin Nancy Chodorow (Universität Berkley): „Wenn ein Mann ein Kind allein aufzieht oder sich jedenfalls einem Kind gegenüber entsprechend benimmt, können wir sein Verhalten durchaus ,mütterlich‘ nennen.“ Und: „Mutterschaft ist also mehr als das Austragen eines Kindes. Es bedeutet, eine Person zu sein, die pflegt und erzieht. Es bedeutet, der primäre Elternteil oder die primäre Bezugsperson zu sein. Also können wir zu Recht fragen: Wieso sind Mütter immer Frauen?“ („Das Erbe der Mütter“, Verlag Frauenoffensive 1985, S. 20)

Diese der Gendergerechtigkeit verpflichtete Sichtweise hat in der gegenwärtigen 30. Kalenderwoche tragische Aktualität erhalten: So berichtet der KURIER am 21. Juli von einem Vater, der mit seinem zweijährigen (!) Sohn in der Rückentrage auf der Hohen Wand unterwegs war und beim Abstieg abstürzte (Seite 15), wobei „sich der Sohn eine blutende Kopfverletzung zuzog“ (man beachte die sprachliche Passivform!).

Am 22. Juli las ich dann in den Salzburger Nachrichten (Seite 13) vom tödlichen Absturz eines Sechsjährigen von der Drachenwand in St. Lorenz am Mondsee – er war offenbar ausgerutscht – wofür die Mutter (mit 18jähriger Klettererfahrung) nunmehr wegen grob fahrlässiger Tötung vor Gericht stehe. Die Gruppe bestand außer ihr noch aus deren Lebensgefährten und einem Freund.

Mich erinnerten die beiden Berichte an eine Rat suchende Klientin, die von ihrem wesentlich älterer Ehemann unter Druck gesetzt wurde, dass der sechsjährige Sohn mit ihm per Fahrrad von Wien zu seinen Eltern ins Burgenland fahren sollte – das sei ihm zumutbar und diene dessen körperlicher Ertüchtigung.

Es erinnert mich aber auch an das vorvorletzte (8.) Semester meines Theologiestudiums, in dem die Alttestamentarlerin ein Pflichtseminar, das mir noch fehlte, „heiligen Bergen“ widmete und eine Exkursion auf die Rax vorsah – und mir, damals  im 70. Lebensjahr – in Hinblick auf vermutete mangelnde Fitness die Teilnahme verweigerte. Mein Hausarzt fand das übertrieben – mein jüngerer Sohn, Diplomsportlehrer, vernünftig. Die Professorin hatte „gemuttert“.

Was mir heute dazu einfällt: Es wäre wichtig und dringlich, dass im Biologieunterricht das Reifungsgeschehen vom Kind zum Erwachsenen und ebenso die Verletzlichkeit des menschlichen Körpers vermittelt wird – allen! Vor allem der männlichen Schülerschaft. Und auch die bestehende gesetzliche Verpflichtung zu Verantwortung und Hilfeleistung – und das auch präventiv! In Film und Fernsehen gibt es dafür nämlich keine Vorbilder.