Nach dem Handballspiel Hollabrunn gegen Bad Vöslau letzthin gab es eine Schlägerei, lese ich in der Horner NÖN 07/2020 auf Seite 71: Nach dem Heimsieg der Hollabrunner mit 32:27 habe ein Vöslauer Spieler einem UHC-Spieler einen Faustschlag „in den Brust- und Bauchbereich verpasst“ und damit zu Boden gestreckt – Polizeieinsatz – Krankenwagen – Brustbeinprellung. Und dann sagte der UHC-Trainer „Ein Wahnsinn, dass es so einem Spieler wie dem (Namen des Schlägers) passiert“ und ebenso der Obmann, diesem Spieler sei „so was noch nie passiert“.

„Passiert“. Klingt so als ob ein böser Dämon sich der Faust des ahnungslosen Spielers bemächtigt hätte – oder sonst eine Naturgewalt über ihn bzw. seine rechte Gerade gekommen wäre. Im Klartext ein Versuch, die Gewalthandlung mit dem angeblich bisher untadeligen Verhalten des offensichtlich Zornigen zu entschuldigen. Aber jedes Verhalten ist ein erstes Mal – und dass es vorher noch keinen derartigen Ausraster gab, sollte auch keine sein, denn immerhin gab es laut dem Bericht auch keinerlei Provokationen, die die Zornesreaktion nachvollziehbar gemacht hätten – außer man versteht den Sieg der gegnerischen Mannschaft als eine solche. Wo bliebe dann aber die Sportlichkeit, die Fairness? Und wo die Größe, Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen?

Es liegt ein Unterschied darin, ob man etwas aktiv tut oder ob einem etwas passiert.

In dem satirischen Film „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ passiert es dem deutschen rollstuhlabhängigen Wissenschaftler, gespielt von Peter Sellers, der nun für die Amerikaner arbeitet, dass seine rechte Hand immer wieder gegen seinen Willen zum „Deutschen Gruß“ hochschnellt und er sie mit der linken einfangen und runter drücken muss. Dem UHC-Spieler passierte der Faustschlag in die Brust „aus heiterem Himmel“ so wie seinerzeit Marco Materazzi der legendäre Kopfstoß von Zinedine Zidane – aber da hatte der Italiener vorher beleidigende Worte auf Zidanes Schwester gemünzt, also Schuld „halbe halbe“.

Interessant: Wenn man das Verbum passieren googelt, findet man Grenzen überschreiten oder eine Brücke passieren etc., ein Unglück passiert, eine Panne, sogar die Frage „Was passiert mit alten Zeitungen“ ist zu finden, und der Küchenbegriff  als Durchstreichen durch ein Sieb um eine feinbreiig flüssige Masse zu erhalten, findet sich zahlreich – nur Opfer einer Attacke zu werden, das findet man nicht.

Vielleicht deswegen, weil dies so oft für die Täter-Opfer-Umkehr herhalten muss – und sich die Redigierenden des Such-Portals denn doch gescheut haben, diese unredliche Form, sich vor Verantwortung zu drücken, zu erklären?