Vor Jahren saß ich auf einer Schiffsfahrt notgedrungen eng Rücken an Rücken mit einem Mann. Plötzlich tippte mich die links neben ihm sitzende Frau (wesentlich jünger als ich) an und sagte, „Bitte rücken Sie mit Ihrem Sessel zurück – Sie bedrängen meinen Mann!“ Ich antwortete mit der Frage: „Kann Ihr Mann nicht für sich selbst sprechen?“ Daraufhin dreht sich der Mann um – ein bekannter ORF-Korrespondent, der mich vor Jahren sogar einmal interviewt hatte – und entschuldigte sich für die „Fürsorglichkeit“ seiner Gattin.

Daran musste ich denken, als ich das Posting gegen angebliches „Kern-Bashing“ las, mit denen Eveline Steigenberger-Kern ihren Mann muttergleich „befürsorgte“: „Christian Kern-Bashing scheint der neue ö. Volkssport zu sein. Ich bleibe dennoch beim Laufen und Schifahren.“ (https://krone.at/1781560). Sie bleibt dennoch? Hat das etwa irgendjemand von ihr verlangt? Denn andersrum und tiefenpsychologisch gedeutet, drängt sich die Frage auf: Was verursacht bei Frau Steigenberger-Kern die Idee, ihren Ehemann auch „öffentlich beschimpfen“ (so die Übersetzung des Anglizismus laut wikipedia) zu sollen? Hätte sie vielleicht insgeheim Anlass dazu? Etwa weil er ihr zu wenig „ausdauernd“ (auf „laufen“ bezogen ) „sportlich“ kämpferisch (aufs „schifahren“ bezogen) ist? Oder weiß sie nur nicht den Unterschied zwischen Kritik und Schimpf (oder will ihn nicht wissen)?

Auch ich kritisiere den – wohlwollend formuliert – „spontanen“ Stil des Ex-Bundeskanzlers, weil er seinen Funktionen diametral entgegengesetzt ist. Als Persönlichkeitsanteil respektiere ich diese seine Authentizität – sie ist mir lange genug abgegangen. Das schrieb ich seinerzeit zu der unsäglichen Pizza-Boten-Inszenierung; einer meiner Söhne fuhr in seinen jungen Jahren einige Zeit als Fahrradbote – ich weiß, wie prekär diese Erwerbstätigkeit ist. Mit so etwas „spielt“ man nicht, besonders nicht, wenn man sich als Sozialdemokrat beweisen will. (Als „Nadelstreifsozialist“ zeugt solch ein „spielerischer Umgang“ mit Armut von Ignoranz.)

In der Transaktionsanalyse wird u. a. „beschützende“ Kommunikation „von oben herab“ – als eine paternalistische, nämlich vom angeblich liebevollen Eltern-Ich zum vorgeblich unwissenden Kindheit-Ich beschrieben: „Na Vaterl / Mutterl, was haben wir den heute zum Frühstück gehabt?“ Ein Machtspiel! Denn auf diese Weise wird die andere Person in ihrer Würde vermindert und Selbstbestimmung eingeschränkt: Sie soll klein bleiben und nicht wachsen – „erwachsen“ werden. Es wird ihr in dieser Sprachgestalt suggeriert, dass sie wie ein kleines Kind nicht für sich selbst reden / sorgen kann. Deswegen gilt es auch als schwerer Beratungsfehler, jemand zu „schonen“ – denn das bedeutet, ihm oder ihr nicht zuzutrauen, dass er / sie Realität, d. i. Wahrheit, z. B. Kritik aushält …

Die „erwachsene“ Antwort zum obigen Beispiel lautet übrigens: „Was Sie zum Frühstück hatten, Herr Primarius, weiß ich nicht – ich hatte ein Kipferl und einen Kaffee.“