Seitdem ich am 18. Juni im Kurier (Seite 17) von der Unterschriftenaktion in unserem Nachbarort Dörfles (Großgemeinde Weikendorf) gegen den Zuzug einer palästinensichen Familie las, sinne ich hin und her, ob ich dazu etwas schreiben soll. Ich verstehe die Ängste eines 80-Haushalte-Orts – ich sehe aber auch den Stillstand der seelisch-geistigen Entwicklung zu weltoffenen, innovativen – auch sozial innovativen – Menschen , wenn man ohne persönliche Wahrnehmungen und Erfahrungen sondern nur auf Grund von Vorurteilen die Ängste bestehen lässt. Das mindeste wäre doch gewesen, sich die Familie einmal persönlich anzusehen … „Vorsingen“ heißt das auf der Universität, wenn man sich unbekannterweise aus eigenem um einen Lehrauftrag bemüht, und genau so ist es bei Musikwettbewerben … warum also nicht hier auch?

Auf derselben Seite des oben zitierten Kuriers stand seitlich daneben auch ein Bericht über den Floridsdorfer Arzt, dem die Lizenz entzogen worden war, weil er deklariert hatte, Asylwerber nicht behandeln zu wollen. Zu Unrecht, weil nicht die Bezirksverwaltungsbehörde die Berechtigung aufgehoben hatte, sondern die unzuständige Ärztekammer. Ärzte haben nicht das Privileg, Patienten ablehnen zu dürfen. Wir PsychotherapeutInnen schon – verständlich: Wenn wir einen Klienten, eine Klientin nicht mögen, werden wir kaum akzeptierend und einfühlsam arbeiten können. (Ich bin allerdings der Ansicht, dass wir jedenfalls Kriseninterventionen machen müssen und sollen – immerhin sind wir dazu weitaus umfassender ausgebildet als die vielen Helferpersonen unterschiedlicher Berufsherkunft und -erfahrung, die dankenswerter Weise in Kursen darauf vorbereitet werden, schnell verfügbar seelische Erste Hilfe anzubieten.)

Und nun lese ich soeben auf Oe24 am Abend, dass ein Bauleiter der Strabag in Kenia angeblich einheimische Arbeiter geschlagen und rassistisch beschimpft haben soll und sich weiters der polizeilichen Vorladung entzogen hat. Dass jemand, der durch Aufnahmen belastet wird, sich der Verantwortung entziehen will, ist zwar menschlich verständlich – aber es ist nicht korrekt und schon gar nicht ehrenhaft. Und es schadet Österreich. Uns allen.

Gedanken sind bekanntlich frei – Handlungen, und dazu zählen auch Worte, aber nicht.

Manche berufen sich dann auf Meinungsfreiheit – und die ist auch mir ein hoher Wert, den ich auch bei Gegnern respektieren will, aber Verachtung und Hass sind keine Meinung, sondern Verhalten.

All das gibt nur Leuten wie Jan Böhmermann Recht, die Österreicher als Nazis und debil bezeichnen. Auch wenn UHBP gesagt hat, „Wir Österreicher sind nicht so!“ – all diese „Einzelfälle“ sind zum Fremdschämen.

 

Die Briefe 34 bis 46 finden sich alle auf www.haltgewalt.at. Ich bitte um Verständnis, dass ich infolge Arbeitsüberlastung – schreibe augenblicklich an meinem neuen Buch „Aufrichten! Anleitung zum seelischen Wachstum“ (Kremayr & Scheriau, erscheint im Oktober) – und habe die „Briefe“ nur an meine Webmistress zur Veröffentlichung gemailt, mir selbst aber die Aussendungsarbeit erspart.