In meinem gleichnamigen Buch – erschienen im März des heurigen Jahres im Zuge der massiven Kritik an Joseph Ratzingers Schweigen als Münchner Erzbischof zu den Missbrauchsfällen in seiner Diözese (Trotz der Missbrauchsfälle: Schweigen im Vatikan | STERN.de) – habe ich versucht, das Schweigen von all denen, die ahnen, vermuten oder wissen, zu klären und erklären. Zum mangelnden Mut zum Ansprechen habe ich geschrieben: „Juristisches wie auch psychotherapeutisches Wissen samt kritischer Gegenpositionen wird noch immer der breiten Bevölkerung – besonders Kindern und Jugendlichen – vorenthalten (außer für Angstmache und Manipulation angepasst). Es gehörte altersgemäß aufbereitet in alle öffentlich kontrollierten Einrichtungen!“ (Seite 10.), und ich habe deshalb formuliert: „Weil wir alle Hirten sind“ – deswegen hat jede und jeder das Recht zu Vermutungen, Kritik und Protest – sie müssen nur als solche ausgewiesen und auch begründet werden.

Genau deswegen braucht es Modelle korrekter Formulierungen – vor allem, damit die Drohungen mit Verleumdungsklagen seitens der mutmaßlichen Täterpersonen obsolet werden: Verdacht kann nur durch Überprüfung beseitigt werden und Transparenz liefert das Vorbild für korrektes Umgehen.

Nun zeigen sich aktuell wieder Schweigestrategien der Aufsichtsverpflichteten in der Konfrontation mit verunsicherten Eltern („1000 Exschüler zu Missbrauchsfall kontaktiert“, Seite 8, und „Systemversagen aufzeigen“, Seite 28, Der Standard, 22.09.2022 sowie Bericht in Wien Heute um 19 Uhr am Vortag). Ich sehe darin aber nur bedingt ein Versagen des „Systems“ – sondern von Personen, die keine Fehler machen wollen, aber nicht wissen, wie man Emotionen – auch die eigenen – deeskaliert.

So sagte Kurt Burger, stellvertretender Leiter des Magistratsabteilung 10 (Kindergärten) in Wien heute am 21.09., man werde für die Kritik der Eltern an mangelndem Trauma-Beistand nach zu lange verborgenen Missbrauchsfällen in einem Kindergarten nunmehr Aufarbeitung mit Mediation versuchen. Im Klartext bedeutet das: Die klar geäußerten Bedürfnisse der Eltern werden nicht verstanden oder wiederum ignoriert: Beistand bei schockierenden Erlebnissen braucht eine spezialisierte psychotherapeutisch fundierte Dienstleistung durch erfahrene Fachleute – nicht nur Krisenintervention und schon gar nicht Mediation. Letztere dient der außergerichtlichen Lösung von Konflikten und dies in Erwägung zu ziehen, ist wohl wieder ein Zeichen von Missachtung oder Ignoranz durch die beamteten „Hirten“.

Als langjährige Gerichtssachverständige für Psychotherapie und selbst Traumatherapeutin (sowie auch promovierte Juristin und zertifizierte Erwachsenenpädagogin) bin ich gerne bereit, der Beamtenschaft – aber ebenso den betroffenen Eltern – meine Dienste zur Verfügung zu stellen, vor allem aber auch den Dachverbänden der Elternvereine.