Im Mittelalter bemühten sich viele Menschen mit Hilfe von Erbauungsliteratur um ein heilsames Leben und Sterben – sie wollten ja mittels einer ars vivendi bzw. moriendi (Lebenskunst bzw. Sterbenskunst) in den „Himmel“ kommen und nicht in die „Hölle“.

Aus psychotherapeutischer Sicht ist der phantasierte „Ausblick“ auf eine Himmelfahrt beruhigend und Immunkräfte stärkend. Die Drohung mit Höllenqualen ist das Gegenteil – sie schwächt, insbesondere, wenn sie mit Bildern, auch sprachlichen(!), unterlegt wird. (Kinesiolog:innen können das mit dem Muskeltest ganz schnell nachweisen.)

Heute bedrängt eine Fülle von Horrorbildern die, meist auf die Kunst des energetischen Selbstschutzes unvorbereiteten Menschen, und macht ihnen Angst. Im Mittelalter war es die Angst vor der Pest und anderen Seuchen – heute, in Zeiten der weltweiten Überbevölkerung, ist es die Angst vor anderen Menschen, vor allen „ansteckenden“ oder potenziell „wegnehmenden“. Beistand brauchen beide Gruppen.

Beistand ist ein Heilmittel – wenn er im heilsamen Bewusstseinszustand gegeben wird. Das bedeutet im Klartext: Keine Horrorvisionen verbreiten, sondern realistische Zukunftsbilder, in denen die Bewältigung der Krisensituation beinhaltet ist – und das ist etwas ganz anderes als Trösten oder Verharmlosen. (Beides sind für Profis Kunstfehler, für Laien Versuche, sich vor „Ansteckung“ zu schützen.)

Konkret bedeutet das, beispielsweise Krebspatient:innen, statt sie als Sterbende zu umsorgen, möglichst lustvolle Aktivitäten zu ermöglichen, die ihnen zeigen, was sie alles können, und die sie im Austausch mit Gleichgesinnten „mit Energie versorgen“. Personen, die keine Freund:innen haben, sind hier im Nachteil – und genau deswegen sind Selbsthilfegruppen so wichtig: Weil man dort Freund:innen gewinnen kann – vorausgesetzt man begegnet einander „auf Augenhöhe“.

Leider wollen viele Schwerkranke oft nicht mit anderen, denen es genauso geht, zusammenkommen; sie lassen sich lieber von Nahestehenden bemitleiden – und genau das ist falsch: Es fixiert einen darauf, sich als Opfer zu fühlen. Es gilt aber, die eigenen Gesundheitspotenziale zu leben.

Eigentlich sollten in jedem Gesundheits- und Krankenhaus, das diesen Namen zu Recht beanspruchen will, solche Buddys als erste profane Gesprächspartner:innen da sein, ähnlich wie die (ehrenamtlichen oder professionellen) Mitarbeiter:innen der Krankenhaus-Seelsorge, die auf den Reichtum der heiligen Schriften zurückgreifen können – beispielsweise den Psalm 23, in dem es heißt „… und wenn ich auch wanderte im finsteren Tal, fürchte ich nichts, denn DU bist bei mir – DEIN Stecken und Stab trösten mich“. Und nicht der von erbschleicherischen Anverwandten. Sie müssten nur das „heilsame Sprechen“ lernen. (Übrigens das Thema meines nächsten Buches.)

Dass man bei schwersten Krankheitszuständen besondere Betreuung braucht, ist Aufgabe der medizinischen wie auch Psycho-Berufe, denn dazu muss man ausgebildet sein, und diese Qualifizierungen brauchen Jahre an Lernen und Üben. Ehrenamtliche mit Schnellsiederkursen zu verheizen hilft beiden nicht: Sowohl den Bedürftigen, die nur „einen Tropfen auf den heißen Stein“ bekommen, als auch den Hilfswilligen (mit oder ohne Helfersyndrom) verzögert Lob die spätere Erkenntnis von Überforderung und Burnout. Wirklich hilft es nur den Erhaltern dieser Einrichtungen, die sich Personalkosten ersparen.

Daher lautet meine Botschaft: Beistehen, das Leben wie bisher zu bewältigen, stärkt die Immunabwehr, Gelegenheiten bieten, Neues zu erfahren bzw. zu erlernen, den Blick in die bewältigbare Zukunft richten. Leben besteht immer im Wechsel von Höhen und Tiefen, und manchmal geht es eben tief bergab – und da sollte man mitfühlend mitgehen, aber ohne Sentimentalität, sondern mit Zuversicht.