In ihrem Grundsatzwerk über „Die Entstehung des Patriarchats“ beschreibt die in Wien geborene und in den USA nach einem Studium im fortgeschrittenen Alter zur Universitätsprofessorin berufene Historikerin Gerda Lerner, wie mit dem Wechsel von Jagd (und „friedlicherer“ Nahrungssuche) zur Viehzucht und zum Ackerbau Frauen und deren Kinder als Arbeitskräfte ein Wohlstandsfaktor wurden. Viele Frauen. Viele Kinder. Daher Frauenraub und gewaltsame Schwängerungen — und Frau und Kinder „gehörten“ dann dem, der sie in Besitz genommen hatte und als sein Eigentum „beschützte“.

Eine Frau, die einen Besitzer hatte, war eine „anständige“ Frau — man(n) hatte das Eigentum des anderen Mannes zu respektieren, aber nicht die Frau für sich. Eine Frau ohne Mann hingegen galt als nicht anständig und war daher Freiwild. Im Altertum.

Aber heute?

Etwas Ähnliches berichten mir nämlich auch heute immer wieder frisch geschiedene Frauen, die von ihren Büro-Kollegen (oder Wohn-Nachbarn) belästigt werden, weil diese sie unbedingt abends „trösten“ kommen wollen.

Bei Männern aus dem Orient genügt hingegen oft schon, dass eine Frau westliche Sommerkleidung trägt, um sie als Freiwild zu identifizieren — denn wenn sie einen Mann hätte, so deren Logik, würde der nie erlauben, dass sie so angezogen außer Haus geht. „Erlauben“.

Wir Pionierinnen haben in den späten 1960er Jahren dafür gekämpft, dass (großjährigen) Frauen die gleichen Menschenrechte zustehen wie Männern: Eigenes Geld verdienen — ohne Erlaubnis, eigene Bankkonten haben — ohne Erlaubnis, das selbst verdiente Geld nach eigenem Gutdünken verwenden — ohne Erlaubnis, anziehen, ausgehen, reden, denken — alles ohne Erlaubnis und ohne Zuhälter-Zwang. Dank der Alleinregierung Bruno Kreiskys konnten diese Forderungen (der Sozialistinnen und meist schon aus der Ersten Republik) durchgesetzt werden. Kreisky hatte in der Emigration lange in Schweden gelebt — und im hohen Norden galt der (kleinasiatische) Mythos nicht, dass allein schon der Anblick von Frauenhaar Männern die BeHERRschung raube.

Was Lerner aufzeigt, ist, dass und wie Männer das Verhalten von Frauen zu bestimmen versuchten (und manche immer noch versuchen, gottlob gibt es aber auch andere!) — nämlich nach einer militärisch-hierarchischen Sichtweise, in der die Frau quasi wie ein Adjutant zu funktionieren hat. Oder wie eine Maschine.