Als der „unselige“ Thomas Schmid sich – wohl ironisch? – mokierte, den Raum im Flugzeug mit „Pöbel“ teilen zu müssen [„Oh Gott. Reisen wie der Pöbel“: Die Causa Öbag in Chat-Zitaten – Unternehmen – derStandard.at › Wirtschaft], fand ich dies nicht nur überheblich und diskriminierend, sondern vor allem unklug: Wer glaubt, sich mit überspitztem Hobbykabarettismus die Lacher zu holen, muss damit rechnen, dass jede Formulierung als Waffe gegen eine/n selbst umgekehrt werden kann.

Das sollten sich auch die Spindoktoren hinter die Ohren schreiben, die Politiker (männliche!) mit „Sagern“ – „Bonmots“, zu Deutsch „gute Worte“, allerdings sind das ja keine – zur Applausheische versorgen.

Laut Wikipedia hat sich diese, ursprünglich nur das einfache Volk (abgeleitet vom französischen „peuple“, und das wieder vom lateinischen „populus“ – und damit war das gesamte Volk ohne Unterscheidung angesprochen; abgegrenzt war nur der Senat siehe das altrömische Hoheitszeichen S.P.Q.R.: „senatus populusque romanus“) umfassende Bezeichnung zum „umgangssprachlichen Schmähwort“ für „ungebildete, unkultivierte Menschen aus der gesellschaftlichen Unterschicht“ gewandelt.

Diese Interpretation unterstütze ich nicht: Sie verbindet individuelles Verhalten mit einer ganzen Gesellschaftsschicht und diskriminiert damit diese – aber nicht das Verhalten.

Für mich hingegen ist Pöbel, wer andere anpöbelt. Z. B. die Herren Nationalratsabgeordneten, die mit „Beidl“- und „Heisl“-Sagern um sich werfen.

Zum Anpöbeln zähle ich aber auch die organisierten Drohproteste (angeblich von Impfgegnern), wie sie derzeit der österreichische Bundespräsident in Vorarlberg erlebt. Mich erinnert dies zu sehr an die demokratiefeindlichen 1930er Jahre – aber auch an die Attacke auf den seinerzeitigen Verkehrsminister Otto Probst (1911–1978), der in Fußach in Vorarlberg ein Bodensee-Schiff auf den Namen Karl Renner – immerhin der Gründungsvater der II. Republik – taufen sollte [50 Jahre Fußacher Schiffstaufe – Vorarlberg heute (orf.at)].

Von Robert A. Heinlein (1907–1988) – neben Arthur C. Clarke und Isaak Asimov einer der “Big Three” der amerikanischen Science-Fiction-Literatur –stammt das Zitat “A dying culture invariably exhibits personal rudeness. Bad manners. Lack of consideration for others in minor matters. A loss of politeness, of gentle manners, is more significant than is a riot.” (Aus dem Roman “Friday”, 1982.)

Auf Deutsch: „Eine sterbende Kultur zeigt ausnahmslos persönliche Unhöflichkeit. Schlechte Manieren. Mangelnde Rücksichtnahme auf andere in Nebensächlichkeiten. Ein Verlust an Höflichkeit, an sanften Manieren, ist bedeutsamer als ein Aufruhr. Das Symptom ist insofern besonders schwerwiegend, als eine Person, die es zeigt, es nie als Zeichen schlechter Gesundheit oder schlechter Erziehung betrachtet, sondern als Beweis seiner Stärke.“

Wehret den Anfängen!