„Ehe für alle wertet Ehe auf“, lautet der Titel eines Gastbeitrags von Ulrich Körtner in der PRESSE (04.07.2017). Ich finde diese Kurzformel irrig. Aus meiner Sicht wertet „Ehe für alle“ Lebensgemeinschaften auf – aber die Ehe wertet sie ab.

Damit kein Missverständnis entsteht: Ich bin sehr dafür, dass es keine rechtlichen Unterschiede zwischen Ehepaaren und eingetragenen PartnerInnen geben soll. Ich bin auch dafür, beide Formen liturgisch gleich zu behandeln und den Fruchtbarkeitszuspruch für beide wegzulassen. Denn wie ich in meiner theologischen Masterarbeit (2015 bei Ulrich Körtner! In Buchform „Sexuelle Reformation – Freiheit und Verantwortung“, LIT Verlag Berlin 2017) ausgeführt habe, nehme ich mir (unter Bezug auf Umberto Eco) die Freiheit aller Übersetzenden, nach eigenem Empfinden zu dolmetschen, Genesis 1,28 daher nicht quantitativ sondern qualitativ zu interpretieren: Nicht „Seid fruchtbar und mehret euch!“ sondern „Seid kreativ und fördert einander“, daher auch Adam und Eva nicht als Prototyp eines Ehepaares sondern als Prototypen für alle Männer und alle Frauen, die aus ihrer Gegensetzlichkeit zur Paarung, damit zur Einigung und Einheit finden sollten (und ob ergänzend oder in welcher Form von Angleichung ist ja offen geblieben – das gibt Freiheit aber auch Verantwortung).

Warum „Ehe für alle“ aber den Begriff der  Ehe abwertet, liegt darin, dass Ehe die gegengeschlechtliche Paarbildung als Prototyp der biologischen Fortpflanzungsmöglichkeit umfasst. Oder pointiert formuliert: Mayonnaise ohne Eier ist keine Mayonnaise. (Ähnlich lautete erst unlängst das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, veganer Käse dürfe nicht Käse heißen und ebensowenig Tofubutter Butter etc. , „denn Milch muss aus Eutern kommen“. (www.tagesspiegel.de/wirtschaft/urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-veganer-kaese-darf-nicht-kaese-heißen/19934368.html)

Ungleiches ist nicht gleich – wer das behauptet, produziert Fakes. Auch schafft man durch solche „Mogelpackungen“ Ungleichheiten nicht ab und auch keine sozialen Diskriminierungen. (Dafür, dass rechtliche abgeschafft werden, habe ich mich nachweislich schon vor mehr als dreißig Jahren eingesetzt.) Gegen soziale Diskriminierung hilft nur Protest – Zug um Zug – und die Aufforderung zur solidarischen Unterstützung.

Diskriminierungsversuche orte ich derzeit in der Debatte um die „Ehe für alle“: Es bleibt eine politische Entscheidung oder Finte, einen Begriff im „Neusprech“ (s. George Orwell „1984“) im Sinn zu verdrehen.

Das worum es hier eigentlich geht, wird entweder absichtlich nicht wahrgenommen oder unbewusst verdrängt: die menschliche Fortpflanzung. Nach der „Pille“, künstlicher Fortpflanzung und der Zukunftssicht auf Hybridmenschen oder Menschenimitatroboter stellt sich – unabhängig von der Frage, wer daran verdienen wird oder soll – die Frage nach der Abwertung und Verdrängung von „Last“ und „Risiko“ von Schwangerschaft und Geburt. Wem nützt diese Ent-last-ung? Einer Arbeitswelt, die den flexiblen, gefühllosen, „flüchtigen“ Menschen fordert? Und Kinder aus der Dritten Welt zu Waren macht? (Wobei all diejenigen, die sich ohne emotionalen, finanziellen oder sexuellen Missbrauch um Kinder sorgen – egal ob als Hetero- oder Homo-Paar, Frauen-Rumpffamilien wie nach dem Zweiten Weltkrieg oder in Klöstern etc. – volle Anerkennung gebührt!) Diese Debatte wünsche ich mir – im Sinne von Freiheit und Verantwortung, möglichst ohne emotionale Kriegsführung.